Foto (c) 2019 Illumination Entertainment / Universal Studios
Lerne loszulassen!
Der Animationsfilm “Pets” war 2016 ein riesiger Erfolg an den Kinokassen ein. Können die Illumination-Studios mit dem recht rasch produzierten Sequel an den Erfolg des Vorgängers anknüpfen?
Was machen unsere Haustiere eigentlich, wenn wir nicht daheim sind? Vor drei Jahren wollten so viele Kinogänger die Antwort auf diese Frage wissen, dass der Animationsfilm “Pets” weltweit rund 875 Millionen Dollar einspielte. In der Fortsetzung trifft der Zuschauer nun wieder auf die liebgewonnenen Vierbeiner von damals, deren Charaktere die Macher von Filmen wie “Der Grinch” und den “Minions” wunderbar eingefangen haben. Das Sequel “Pets 2”, das auch für Zuschauer funktioniert, die den ersten Teil nicht gesehen haben, beschäftigt sich nun mit einer ein wenig tiefergehenden Frage: Was sind die loyalen Haustiere eigentlich bereit zu tun, um ihre Besitzer und ihre Freunde zu beschützen?
In den ersten zehn Minuten des Films wird zur New-York-Hymne “Empire State Of Mind” von Alicia Keys und Jay Z geschickt und flott das Setting etabliert: Zunächst gibt es ein Wiedersehen mit Terrier-Mischling Max, der in der deutschen Synchronisation wunderbar von Jan Josef Liefers gesprochen wird. Max teilt sich mittlerweile gern das Zuhause mit dem haarigen Neufundländer Duke (gesprochen von Dietmar Bär), hasst aber Kinder, wie er freimütig erklärt. Max’ Frauchen Katie (Stefanie Heinzmann) verliebt sich jedoch, man zieht zusammen, und schon muss Max mit einem weiteren Mitbewohner klarkommen – dem zunehmend anstrengenden Sohn Liam. Doch als das ständig nervende Kleinkind Max zum ersten Mal seine Liebe offenbart, ist es um den Hund geschehen. Fortan setzt er alles daran, den Familienzuwachs zu beschützen.
Aus der ungewöhnlichen (Kamera-)perspektive des Terriers und der anderen Haustiere – die auch schon bei den “Toy Story”-Filmen wunderbar funktioniert hat – nimmt der Zuschauer an den “väterlichen” Nöten von Max teil: Der Kläffer entwickelt sich zum “Helikopter”-Hund, will Liam vor allem und jedem beschützen. Kein Wunder, dass er dabei einen nervösen Tick entwickelt und sich ständig kratzen muss.
Lektionen vom Alphahund
Max’ entscheidende Wandlung passiert bei einem Aufenthalt auf dem Land: In diesem ergreifendsten und sehenswertesten von drei Handlungssträngen des Films lernt er den toughen Hütehund Rooster kennen (im Original von Harrison Ford, in der deutschen Synchronisation vergleichbar großartig von Wolfgang Pampel gesprochen). Dieser Alphahund, der an knurrige Westernhelden erinnert, bringt Max bei, seine Ängste zu überwinden und loszulassen, um Baby Liam seine eigenen Erfahrungen zu ermöglichen.
Man wünscht sich, der ganze Film würde nur von den beiden handeln und die kurz aufblitzende, weiche Seite Roosters – der streng genommen recht altmodisch männlich rüberkommt – noch mehr herausarbeiten. Doch stattdessen versuchen die Macher (Regie führte wieder Chris Renaud, Jonathan del Val stand ihm diesmal dabei zur Seite) auch noch die anderen altbekannten Figuren in zwei weiteren Handlungssträngen unterzubringen, die am Ende dramaturgisch nicht recht überzeugend zu einem gemeinsamen Finale zusammengeführt werden.
So muss die Spitz-Dame Gidget (Jella Haase) Max’ Lieblingsspielzeug aus einer Wohnung voller Stubentiger retten. Dabei hilft ihr ausgerechnet Chloe (Martina Hill), die fette Katze, der eigentlich alles egal ist. Diese Rettungsmission ist spannend wie in einem Horrorfilm inszeniert – womöglich zu nervenaufreibend für ganz kleine Zuschauer. Die kommen jedoch bei der recht hanebüchenen Episode um Snowball (Fahri Yardim) auf ihre Kosten: Als Superheld verkleidet, muss der Hase den weißen Zirkustiger Hu (Nick Kroll), der mit seinen übergoßen, blauen Kulleraugen an die beliebten “Glubschie”-Stofftiere erinnert, aus den Händen eines sadistischen Dompteurs befreien.
“Pets 2” ist eine Wundertüte: mal herzergreifend oder zum Brüllen komisch, mal etwas holprig erzählt, dann wieder albern-süßlich. Dass der schön animierte Film dennoch überzeugt, liegt an der Botschaft, die er transportiert: Stell dich deinen Ängsten und lerne, loszulassen.
Mittelbayerische / Juni 2019