Foto: (c) Disney
Die Tierfee und das Biest
Die klitzekleine Tierfee Emily, die im 3D-Animationsfilm „Tinkerbell und die Legende vom Nimmerbiest“ die heimliche Hauptrolle spielt, könnte das weibliche Pendant zum Halbriesen Hagrid aus der beliebten Harry-Potter-Reihe sein. Genau wie Hagrid hat die optimistische Emily ein übergroßes Herz für Tiere und verteidigt sie entschlossen gegen Vorurteile. Selbst dann, wenn ihre Schützlinge wie grauenerregenden Kreaturen aussehen …
Im sechsten Tinkerbell-Animationsfilm aus dem Hause Disney schmuggelt die brünette Fee zunächst ein kleines Habichtjunges ins naiv-farbenfrohe Pixie-Hollow-Tal. Darüber ist Nyx, die Chefin der amazonenhaft wirkenden Wächterfeen, die allesamt mit einer Art Stachel als Speer ausgestattet sind, alles andere als erfreut – ist doch bekannt, dass ausgewachsene Habichte Feen fressen. Auch Emilys fingergroße beste Freundin Tinkerbell, die 1953 zum ersten Mal in der berühmten Disney-Verfilmung von Peter Pan – damals hieß sie noch Glöckchen – auftauchte, ist nicht immer sofort begeistert von den – wohlgemeinten – Regelübertretungen ihrer Freundin.
Doch obwohl Emily der gütigen und weisen Königin Clarion versprochen hat, künftig mehr auf ihren Verstand als auf ihr Herz zu hören, schließt die überaus neugierige und unerschrockene Fee bereits wenig später Freundschaft mit einem bedrohlich wirkenden Ungeheuer, dem Nimmerbiest. Das sieht aus als hätte der Glücksdrache Fuchur aus der Unendlichen Geschichte die Grinsekatze aus „Alice im Wunderland“ verschluckt – und zudem kann es noch ähnlich anrührend-verzweifelte Laute ausstoßen wie Chewbacca aus „Star Wars“….Das unheimlich anmutende Wesen, dass kleinen Kindern mit schwachen Nerven durchaus Angst machen kann – vor allem wenn es gegen Ende auch noch Hörner und fledermausartige Flügel bekommt – ist soeben brüllend aus seinem tausendjährigen Winterschlaf erwacht. Zum Glück sorgt ein wohlplazierter Heile-Welt-Song an dieser Stelle erst einmal ein wenig für Entspannung, in dem sich die kleinen Zuschauer von der ersten Begegnung mit dem Nimmerbiest erholen können. Wegen seiner zunächst recht unfreundlich wirkenden Art wird es von der entzückenden Fee Emily, die wie ihre Freundinnen immer eine bezaubernd-glitzernde Spur Feenstaub hinter sich lässt, Grummel genannt. Einer alten Legende nach soll das unermüdlich merkwürdige Steintürme bauende Wesen einen, das Feenreich zerstörenden, Sturm in das Tal ziehen. Die Wächterfeen setzen nun alles daran, dass bedrohlich wirkende Monster zu fangen. Emily und ihre gemäßigt-teenagerhaft agierenden Feenfreundinnen dagegen versuchen das Nimmerbiest in Sicherheit zu bringen.
Regisseur und Drehbuchautor Stevie Loter („Kim-Possible“) widmet sich in der neusten Tinkerbell-Abenteuer-Verfilmung der Frage, ob Angst vor etwas, dass fremd und bösartig wirkt, wirklich ein guter Ratgeber ist? In die Aufmerksamkeit der kleinen Zuschauer ab fünf Jahren nicht überfordernden 76 Filmminuten, versuchen die überaus beliebten Kinohelden aus dem Nimmerland, auf gewohnt herzerwärmende Weise, eine Antwort auf diese universelle Frage zu geben. Auch junggebliebenen, großen Zuschauern kann diese naive-zeitlose, aber keineswegs kitschige Geschichte über wahre Toleranz und das Eingestehen eigener Fehleinschätzungen durchaus das ein oder andere verstohlene Tränchen in die Augen treiben.
Stimme / April 2015