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Foto: (c) Senator

Dick aufgetragen

Elvis soll ständig Sandwiches namens “Fool’s Gold” gefuttert haben, riesige Brote aus gebuttertem Brot gefüllt mit einem Glas Marmelade, Erdnussbutter und Bacon. Für die postmodernen Mittzwanziger und Hipster Wallace (Daniel Radcliffe) und Chantry (Zoe Kazan) ist das Sinnieren über “Fool’s Gold”, was für andere Pärchen “ihr Song” ist. Kein Wunder, denn Reden ist das Einzige, was den beiden Hauptfiguren in der romantischen Komödie “The F-Word – Von wegen nur gute Freunde!” bleibt – statt die eine Sache zu tun, die mit “F” beginnt. Basierend auf dem Theaterstück “Cigars and Toothpaste” von TJ Dawe und Michael Rinaldi versucht Regisseur Michael Dowse die schon unzählige Male erzählte Geschichte, dass Mann und Frau einfach nicht nur gute Freunde sein können, noch einmal packend zu inszenieren.

Mit der Wahl seiner Hauptdarsteller ist dem Regisseur in jedem Fall ein Besetzungscoup gelungen: Radcliffe bemüht sich einmal mehr recht erfolgreich, sich von dem Harry-Potter-Fluch freizuspielen, und Zoe Kazan (“Ruby Sparks – Meine fabelhafte Freundin”) gibt seinen schlagfertigen Gegenpart. Die beiden sehen herrlich normal aus und harmonieren als Leinwandpaar wunderbar miteinander. Auch wenn man sich manchmal fragt, ob Radcliffe nicht doch eventuell noch ein paar Gesichtsausdrücke mehr auf Lager haben müsste …

Seine Figur gäbe es her: Wallace hat sein Medizinstudium hingeschmissen, wurde von seiner Ex vor einem Jahr betrogen. Er ist ein zynisches Wrack, wie es im Buche steht, jobbt bei einer Software-Firma, wohnt bei seiner alleinerziehenden Schwester Ellie (Jemima Rooper) in Toronto und geht kaum noch aus. Doch zur Party seines besten Freundes Allan (Adam Driver) schleppt er sich hin und lernt dort die Trickfilmzeichnerin Chantry (Zoe Kazan) kennen. Beide stehen auf Kühlschrankmagneten und reißen mäßig witzige Bandwurmsätze über herrlich belanglose popkulturelle Nichtigkeiten. Es ist “nur” der Beginn einer wundersamen Freundschaft: Denn als Wallace sie nach Hause bringt, muss er leider feststellen, dass Chantry bereits einen Freund hat.

Warum das nette Indie-Mädchen allerdings mit dem recht langweiligen, karrieregeilen Anwalt Ben (Rafe Spall) zusammen ist, erschließt sich auch im weiteren Verlauf des Films nicht und kostet die Komödie einiges an Spannung. Nach anfänglichem Zögern nimmt Wallace Chantrys Freundschaftsangebot an und fortan versuchen die beiden wacker, jegliche Liebesregungen zu unterdrücken. Das hat man in Beziehungskomödien wie “Harry und Sally” schon weitaus witziger und ergreifender miterleben dürfen.

Irgendwann beginnen die prüden Mittzwanziger jedoch zu nerven. Denn sogar halbnackt in einer Umkleidekabine, als auch am Strand, ihrer Sachen beraubt, bewahren beiden ihre Keuschheit. Selbst als Ben für ein halbes Jahr beruflich nach Dublin geht, bleibt ihre Beziehung erschreckend platonisch. Da verfolgt man dann doch mit etwas mehr Anteilnahme die Liebesgeschichte zwischen dem nicht ganz so anständigen Allan (Adam Driver) und seiner neuesten Eroberung Nicole (Mackenzie Davis).

Spätestens aber, wenn Wallace gegen Ende all seinen Mut zusammennimmt und Chantry seine Liebe gesteht, diese aber lediglich völlig entsetzt reagiert, beginnt man sich besorgt zu fragen: Ist dieser Film etwa ein authentisches Porträt der ängstlich-abgeklärten Kinder der Generation Y? Und: Wo bleiben eigentlich die selbstverständlichen romantischen Komödien mit homosexuellen oder gar – huch! – polyamoren Liebesverwirrungen? Sicher ist nur: Nachdem der Vorhang gefallen ist, fühlt man sich bei “The F-Word – Von wegen nur beste Freunde” so, als hätte man soeben eine riesige Portion “Fool’s Gold” verabreicht bekommen. Man ist satt – hat sich aber den Magen verdorben.

rewirpower / April 2015