Foto (c) 2017 Wega Film
Nicht ganz so wild
Leider fährt Josef Hader in seinem Regiedebüt gelegentlich mit angezogener Handbremse, ein recht kurzweiliger Spaß ist seine „Wilde Maus“ dennoch.
Die Verunsicherung des Mittelstandes durch Modernisierungsprozesse ist eine ernste Sache. Auch im Print-Journalismus wackeln eine Menge Stühle. Dieses Thema in Händen des genialen österreichischen Kabarettisten Josef Hader zu wissen, der mit seinem Regiedebüt „Die wilde Maus“ (2017) gleich in den Wettbewerb der diesjährigen Berlinale eingeladen wurde, weckte eine Menge diebischer Vorfreude. Zumal Hader nicht nur das Drehbuch schrieb, sondern auch noch gleich die Hauptrolle übernahm. Mit 230.000 Besuchern war der Film immerhin ein veritabler Erfolg. Nun erscheint er auf DVD, Blu-ray Disc und als Video-on-Demand.
„Das wird Leserproteste geben“, verkündet der für seine scharfen Verrisse bekannte Musikkritiker Georg (Josef Hader), als sein Chef Waller („Tatort“-Ermittler Jörg Hartmann) ihn aus heiterem Himmel entlässt. Der seit 25 Jahren für die Wiener Tageszeitung schuftende Journalist ist finanziell nicht mehr tragbar. „Die meisten Ihrer Leser sind schon tot“, erwidert der Chef perfide.
Der Einstieg in den Film, der Auftakt zu Georgs persönlichem Waterloo, ist also gelungen. Doch rasch stellt man fest, dass die Tragikomödie zwar reich an bissigen Pointen und Dialogen ist, jedoch in der Personenzeichnung, vor allem aber an mutigen dramaturgischen Entscheidungen schwächelt. Kurz bevor man Haders Figuren wirklich ernst nehmen – und gleichzeitig schallend über sie lachen – könnte, scheint Regieneuling Hader die Handbremse zu ziehen und seine filmische Achterbahnfahrt wieder in sichere, leider tatsächlich recht deutsch wirkende Komödiengewässer zu leiten.
Im titelgebenden Fahrgeschäft landet der schrullige Misanthrop recht schnell: Da sein verletztes Ego es nicht zulässt, seiner Frau Johanna (Pia Hierzegger) von der Kündigung zu erzählen, verlässt er weiterhin jeden Morgen brav das Haus und treibt sich im Wiener Prater herum. Dort befreundet er sich mit einem Schulkollegen Erich (Georg Friedrich), der ihn früher immer vermöbelt hat. Als auch der seinen Job verliert, beschließen die beiden gemeinsam die Prater-Achterbahn „Wilde Maus“ zu übernehmen. Eine schöne Metapher für die Lebenslage, in der die aus der Bahn geworfenen Männer sich zur Zeit befinden.
Der wichtigste Motor in Georgs neuem Lebensabschnitt ist jedoch die Rache: Zerkratzt er zunächst nur den Porsche von seinem Ex-Chef, besorgt er sich schon bald eine 38er-Magnum. Das Ganze gipfelt in einer herrlich lächerlichen Prügelei, sowie einem absurden Selbstmordversuch, nackt im Schnee, bei dem Georg von zwei Traktorfahrern gestört wird. Da blitzt er kurz wieder auf, der Film, den man hätte sehen wollen. Doch leider ist Haders Regiedebüt nicht so wild geworden, wie man das von ihm erwartet hätte.
Stimme / März 2017
[…] “Was feiert man eigentlich am Geburtstag?”, fragt der trottlige Kollege (Lars Schubert) Andrea anfangs. “Na, dass du nicht gestorben bist in diesem Jahr”, antwortet diese trocken – natürlich in schönstem, österreichischen Dialekt. Das sagt schon einiges über diese sehenswerte, schwarzhumorige Dramödie, die Hader gemeinsam mit Florian Kloibhofer verfasst hat. Tempo und Timing sitzen wieder perfekt – wie schon bei Haders Regiedebüt “Wilde Maus“. […]