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Zu tief ins Glas geschaut

Bernard Campmans und Isabelle Carrés feines (Zusammen)-Spiel verhindert glücklicherweise, dass diese recht klischeehafte Komödie absäuft.

„Berauscht euch, um nicht die gequälten Sklaven der Zeit zu sein, berauscht euch ohne Ende. Mit Wein, mit Poesie oder mit Tugend, womit ihr wollt.“ Auf dieses Lebensweisheit von Charles Baudelaire, die im Geschäft des verhärmten Weinhändlers Jaques (Bernard Campan) hängt, läuft die – ursprünglich für das Boulevardtheater geschriebene Komödie – von Autor und Regisseur Ivan Calbérac („Frühstück mit Monsieur Henri“) hinaus. Wein darf der arme Jaques aufgrund einer Herzschwäche allerdings nicht mehr trinken. Dafür schneit die übertrieben gutherzige Hebamme Hortense, gespielt von César-Preisträgerin Isabelle Carré, in seinen Laden und bringt den Rausch der Liebe allmählich in sein Leben zurück. Für das großartige Zusammenspiel der beiden Mitfünfziger gilt dasselbe, was man alten Weinen nachsagt.

Allerdings schüttet Calbérac den Zuschauer*innen, was den Kitschfaktor betrifft – selbst für eine RomCom – ein bißchen zuviel ins Glas: Die ungewollt kinderlose Hortense opfert sich bei ihrer Arbeit als Hebamme auf, betreut nebenbei noch selbstlos ihre garstige, alte Mutter und verköstigt auch noch Obdachlose – zunehmend dann auch mit den teuren Weinen ihres neuen Love Interest.

Zudem gewährt Jacques, dessen Laden kurz vor der Pleite steht, auch noch dem arabischen Problemjungen Steve (Mounir Amamra) einen Praktikumsplatz, da ihm als Gegenleistung vom Staat Steuererleichterungen winken. Bei einer trotz Jacques‘ Alkoholproblem anberaumten Weinprobe überrascht der Kleinkriminelle mit dem Herz am rechten Fleck dann auch noch mit einer ungewöhnlich feinen Zunge. Als hätte der Autor beim Schreiben selbst ein bißchen zuviel ins Glas geguckt. Eine märchenhaft-kitschige RomCom, die mehr was für’s Herz als für’s Zwerchfell ist.

Foto (c) Bertrand Vacarisas Mandarin & Compagnie / Studiocanal GmbH