Foto: © Universal Pictures / Rat Pack / Marc Reimann
Lahme Kiste
Was das Sequel „V8² – Die Rache der Nitros“ von Kinderkultfilm-Regisseur und „Wilde Kerle“-Autor Joachim Masannek am liebsten wäre, ist rasch ausgemacht: Das Produktionsdesign lässt wie beim ersten Teil darauf schließen, dass hier an megaerfolgreiche dystopische Jugendfilme wie „Die Bestimmung“, aber auch deren Erwachsenen-Pendants „Fast & Furious“ und „Mad Max“ angeknüpft wird. Inhaltlich möchte man den überbehüteten Kindern von heute vermutlich mit den achso wilden und von Erwachsenen weitgehend unbehelligten Boliden-Fahrern einen reizvollen utopischen Gegenentwurf vor Augen führen. Nebenbei sollen die kleinen Zuschauer noch ganz „zwanglos“ etwas über Freundschaft, Selbstvertrauen, Verrat, Verantwortung, Familie und Zusammenhalt lernen. Leider gelingt dem entsetzlich bemüht und aufgesetzt wirkenden Film nichts von alledem.
Das Sequel schließt nahtlos an den Vorgängerfilm an: Die Jungs aus dem V8-Team hatten zuletzt bei einem Wettkampf gegen die – ebenfalls ausschließlich männlichen – Barakuda-Fahrer gewonnen. Jetzt wollen sie weiter mit ihren aufgetunten Seifenkisten durch die Gegend flitzen, um ihrem Ziel näher zu kommen: in die sagenumwobene Rennfahrer-Schule „Die Burg“ aufgenommen zu werden. Große und kleine Zuschauer, die den Vorgänger nicht gesehen haben, werden diese behauptete Sehnsucht kaum nachvollziehen können. Aber auch sonst bleibt in dieser merkwürdigen Mischung aus langweiligem Action-Spektakel für Kinder und aufgesetztem Familiendrama vieles unverständlich.
Erneut machen Kommissar Habicht (Christoph Maria Herbst) und Robins Vater Rasmus V. Acht (Heiner Lauterbach) den jungen Rennfahrer-Fans David Michele (Georg Sulzer), seiner kleinen Schwester Luca (Maya Lauterbach), Mechanikerin Kiki Lilou (Klara Merkel) und Robin (Samuel Jakob) das Leben unnötig schwer. Da die verbotenen Autorennen in „Der Burg“ aufgeflogen sind, trainieren die Kinder, denen man ihre freakig-rebellischen Rollen leider nicht wirklich abnimmt, außerhalb der Stadt heimlich wacker weiter.
Doch, o-weh: Die bösen Nitro Freaks – coole Mädchen, die man in rosa Clowns-Kostüme gesteckt hat – entführen Robin, damit er beim nächsten Rennen für sie fährt. Venice (Lina Keller), Samba (Milena de la Rubia), Mardi Gras (Lotta Mia Bökler) und ihre Mutter Cheetah Savannah (Edita Malovcic) schwingen merkwürdig aufgesetzt wirkende Reden, woran man sich aber mittlerweile schon gewöhnt hat. Schließlich schwadronieren auch die V8-ler und die hippiesken Erwachsenen, die ihnen mit betont unaufdringlichem Rat zur Seite stehen, so gekünstelt vor sich hin, dass man sich zwischenzeitlich in einer Art Fantasy-Jugendfilm-Satire wähnt. Vermutlich sollen stets mit Ausrufezeichen gesprochene Sätze wie „Ein Traum, der sich versteckt, stirbt einen langsamen Tod“ irgendwie anders, irgendwie rätselhaft wirken, nerven aber letztlich nur.
Überraschende familiäre Verstrickungen sollen Robin letztlich dazu bringen, gegen seinen Schwur und seine Freunde zu fahren. Er willigt ein. Nun muss Kiki für ihn einspringen und lernen, die von ihr aufgemotzten Seifenkisten auch selbst zu fahren. Immerhin wagen sich im zweiten Teil also auch auf beiden Seiten Mädchen hinter das Steuer! Doch trotz schneller Schnitte und nostalgischem Split-Screen-Einsatz wirkt das alles entscheidende Schlussrennen leider wie eine ausgesprochen „lahme Kiste“. Für große und kleine Zuschauer, die in der hohlen Welt der Videospiele und Facebook-Freunde schon längst kaum noch Fragen mehr nach Handlung und Sinn stellen, mögen die „V8“-Teile noch irgendwie funktionieren. Alle anderen wären besser beraten die 92 Minuten Spielfilmlänge besser mal wieder auf einem realen Bolzplatz zu verbringen.
Radio Berg / Okt. 2015