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Foto: PROKINO/DPA

Kein Western von gestern

Der Indie-Western „Slow West“ ist das Spielfilm-Debüt von John Maclean – Regisseur und Gründungsmitglied der schottischen Gruppe The Beta Band.

Die 84-minütige Handlung von „Slow West“ wird tatsächlich sehr langsam, aber kurzweilig erzählt. John Macleans Film steckt voller atemberaubender Bilder, surreal-komischer Momente und feiner Beobachtungen. Dem in Neuseeland gedrehten Western, der beim Sundance Festival in diesem Jahr den Grand Jury Prize gewann, gelingt das Kunststück, sowohl die Regeln des Genres zu befolgen, als auch den Gründungsmythos Amerikas zu dekonstruieren. Kelly Reichardts »Meek’s Cutoff«, Tommy Lee Jones´ »The Homesman« und Jim Jarmususchs »Dead Man« lassen grüßen …
»Ho! To the West!«, heißt der Ratgeber, den der sechszehnjährige Jay Cavendish (Kodi Smit-McPhee) 1870 auf seiner Reise durch den Wilden Westen mit sich führt. Der junge Lord aus Schottland ist auf der Suche nach seiner großen Liebe Rose (Caren Pistorius). Doch von dem Moment an, als er den Herumtreiber Silas (Michael Fassbender) trifft, wird der Junge aus reichem Hause das nutzlose Handbuch und sämtliche romantischen Vorstellungen über das Land der unbegrenzten Möglichkeiten Stück für Stück hinter sich lassen – genau wie gegen Ende seine Illusionen über Rose. 

Da Jay zu dämmern beginnt, dass er in der gesetzlosen Welt, in der heimtückische Morde an der Tagesordnung sind, nicht lange überleben wird, heuert er Silas als seinen Beschützer an. Er soll ihn zu Rose bringen. Doch der undurchschaubare Silas, der aus dem Off Jays Geschichte kommentiert, verfolgt zunächst seine eigenen Pläne: Der naive Jay hat noch nicht mitbekommen, dass auf Rose und ihren Vater ein hohes Kopfgeld ausgesetzt ist … Doch gemeinsame Erlebnisse, wie ein sinnloser Schusswechsel, große Mengen Absinth und eine zwischen ihren Pferde gespannte Leine, auf der sie während des Ritts ihre nassen Klamotten trocknen, geben der Geschichte noch einmal eine andere Wendung, die sich in einem dramatischen Showdown entlädt …
Intro / Juli 2015