Foto: (c) 2014 Paramount Pictures
Zeitreise heute
Action-Spezialist Michael Bay („Transformers“) produzierte den Zeitreise-Spaß „Project: Almanac“ des Regieneulings Dean Israelite, der zumindest anfangs durch glaubwürdige Atmosphäre zu überzeugen weiß.
Israelite bedient sich folgerichtig auch eines beliebten und modernen Erzähltricks: Sein Film fußt auf sogenanntem Found-Footage-Material, inklusive wackliger Handkamera, die allerdings älteren Zuschauern womöglich irgendwann Kopfschmerzen bereitet. Dieses Stilmittel, welches im auch bei Teenagern sehr beliebten Horrorfilm-Genre zunehmend eingesetzt wird – wie etwa bei „The Blair Witch Project“, aber auch bei Filmen wie der Teenie-Party-Komödie „Project X“ – zieht seinen dramatischen Effekt häufig aus Filmmaterial von verstorbenen oder vermissten Personen, das erst im Nachhinein gefunden wird.
So ergeht es auch dem Technik-Genie David (Jonny Weston aus „Taken 3“), der selbst auch von seiner Schwester Christina (Virginia Gardner) fortlaufend Amateurfilmaufnahmen von seinen Experimenten anfertigen lässt, die dem Film von Beginn an den beliebten Amateur-Look geben. Denn um seinen frisch ergatterten Elite-Studienplatz finanzieren zu können, sucht David nach einer zündenden Idee in den Hinterlassenschaften seines verstorbenen Vaters und entdeckt ein zehn Jahre altes Video-Band von seinem siebten Geburtstag. Auf dem Tape ist er für einen Moment als der 17-jährige, der er inzwischen ist, im Hintergrund zu sehen. Kurz darauf findet er im Bastelkeller seines genialen Dads den Bauplan und Einzelteile einer Zeitreisemaschine. Gemeinsam mit seinen Nerdkumpels Adam (Allen Evangelista) und Quinn (Sam Lerner) macht er sich daran, in etlichen, leider eindeutig zu lang geratenen Szenen, die zum Teil sehr aufdringlich mit Product-Placement arbeiten, den Prototypen seines Vaters in Gang zu bringen.
Und tatsächlich, schon bald können sie gemeinsam mit dem hübschesten Mädchen der Schule Jessie (Sofia Black-D’Elia), in das David natürlich heimlich verschossen ist, ihre ersten kleineren Zeitreisen unternehmen. Dabei geht es den recht egoistischen Jugendlichen jedoch nicht darum, beispielsweise Hitler zu töten, wie einer von ihnen am Rande erwägt. Nein, den vormaligen Außenseitern geht es eher darum, Spaß zu haben, schnell Kohle zu machen, indem man die bereits bekannten Lottozahlen spielt und vergeigte Prüfungen oder Situationen, in denen man nicht gerade schlagfertig reagiert hat, im Nachhinein korrigiert.
Doch irgendwann wird aus dem Spaß Ernst, dann nämlich, wenn der Zeitreise-Experten bekannte „Butterfly-Effekt“ eintritt. Denn schon der Flügelschlag eines Schmetterlings – je nachdem, ob er stattgefunden hat oder nicht – kann, so die Theorie, große Katastrophen auslösen. Dabei ist es sehr verwunderlich, dass die cleveren Teenager, die Zeitreise-Film-Klassiker wie „Terminator“, „Looper“ und eben „Zurück in die Zukunft“ sogar explizit erwähnen, letztlich so arglos damit umgehen.
Leider beginnt der Zeitreise-Spaß spätestens ab diesem Zeitpunkt, in eine eher langweilige Teenieromanze zu kippen. Wieso reist ausgerechnet der eher besonnene David, um die Gefahren wissend, noch ein zweites Mal in die Zeit zurück, um eine verpatzte Flirtchance mit seiner Angebeteten zu korrigieren? Diese Wendung will nicht wirklich einleuchten. Mehr noch: Sie nimmt dem im Ansatz interessant gestalteten Film, der dem Zuschauer zuvor recht originell einen Einblick in die (zeitreisende) Jugend von heute gibt, viel von seinem Spannungspotenzial.
Stimme / Feb. 2015