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Foto (c) Polyband / Zodiac Pictures/ Pascal Mora

Bunt und bieder

„Hier im schönen Murmlikon, lebt Papa Moll seit Jahren schon. Noch ist hier alles ruhig und still, ob das wohl heut‘ so bleiben will?“ – Aus dem Off erklingt eine Erzählstimme zu Beginn von Manuel Flurin Hendrys Familienfilm um die beliebte Schweizer Kultfigur, mit dem die Macher womöglich an die beachtlichen Erfolge von „Schellen-Ursli“ und „Heidi“ anknüpfen wollten. Diese freundlich-behäbigen vierzeiligen Reime unter den Comicstrips von Edith Oppenheim-Jonas sind älteren Zuschauern noch als Highlight aus den Junior-Heften bestens vertraut. Das dreiköpfige Drehbuchteam um Regisseur Hendry hat sich zwar für die Realverfilmung eine ganz neue Handlung ausgedacht, belässt den Plot und seine von überholten Rollenklischees geprägten Figuren aber in den biederen 50er-Jahren. Dadurch wirkt die Geschichte altbacken und angestaubt – und besonders die unemanzipierte Frau Moll ist für den heutigen Zuschauer nur schwer erträglich.

Papa Moll (mit Fatsuit und Wangen-Make-up kaum wiederzuerkennen: Stefan Kurt) wohnt mit seinen drei Kindern Evi (Luna Paiano), Fritz (Maxwell Mare) und Willy (Yven Hess) und seiner Ehefrau (Isabella Schmid) im pittoresken Murmiklon. Der sichtlich liebevoll und detailreich gestaltete Retro-Ort – immerhin gab es für diesen Film ein Budget von 5,5 Millionen Schweizer Franken – ist den ambitionierten Machern leider zu bunt und erstickend idyllisch geraten, sodass man weder mit Murmiklon noch mit seinen karikaturhaften Bewohnern, die anscheinend zum permanenten Overacting angehalten wurden, so richtig warm wird.

Die Kinder werden für ein Wochenende allein von ihrem fülligen Vater betreut, da sich Mama Moll – als Höhepunkt ihrer emanzipatorischen Ambitionen – mit ihren kreischenden Freundinnen ein paar Wellness-Tage gönnt. Ihre Abreise und ihr Aufenthalt dort gehört zu den humoristischen Tiefpunkten in einem an bemühten Schenkelklopfern ohnehin reichen Film.

Als Aufseher der Schokoladenfabrik des Ortes hat Papa Moll noch ganz andere Sorgen als die der Kinderbetreuung: Junior-Chef Stuss (Martin Rapold) will mit aller Gewalt die Produktion der weltberühmten „Schoggi-Murmelis“ steigern. Also müssen die behäbigen Schoko-Produktionsmaschinen unter der Aufsicht von Molls grotesk unfähigem Vorarbeiter Glotz (Philippe Graber) auch am Wochenende laufen. Obendrein halst Stuss Papa Moll noch die Aufgabe auf, seine hinterhältigen Kinder Jackie (Lou Vogel) und Johnny (Livius Müller Drossaart), die mit Molls Kindern auf Kriegsfuß stehen, mit in den Zirkus zu nehmen. Aufgrund eines Störfalls in der Fabrik muss Moll die fünf Kinder dort eine Weile allein lassen. Kleine und große Fans von Slapstick und schlichtem Humor werden bei diesen Szenen, in denen es letztlich darum geht, den Dackel Katovl Hundini aus den Händen des fiesen, gewaltig überzeichneten Hundedompteurs Rasputin (Yevgeni Sitokhin) zu befreien, voll auf ihre Kosten kommen.

Das ganze – kleine Zuschauer überfordernde – Tohuwabohu, das von Fabian Römers recht aufdringlicher Orchestermusik untermalt und von Felix Novo de Oliveiras ruheloser Kamera verfolgt wird, endet für die Molls letztlich im Gefängnis. Dort besinnt sich der herzensgute Papa endlich wieder darauf, was das Wichtigste ist zwischen Eltern und Kindern: dass die Erwachsenen den Kindern öfter mal richtig zuhören. Eine nette, schlichte Botschaft in einem insgesamt recht aufgeblasenen Film, der zudem so gar nicht in unsere Zeit passt.

Mittelbayerische / April 2018