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Gemischte Gefühle

Anke Engelke brilliert als Sprachrohr unterschiedlichster Mütter…

„Putz Dir endlich die Zähne!“ Wie oft muss die anonym bleibende Mutter dies wohl noch zu ihrem Kind sagen? Manchmal überlegt sie allen Ernstes, ihren obendrein noch fußballverrückten, neunjährigen Sohn ins Heim zu stecken. Eine andere der acht Mamis zwischen 30 und 75 zieht derbe über das deutsche Mutterglück her. Freimütig äußern sie sich darüber, welche gesellschaftlichen Zwänge damit verbunden sind, teilen ihre geheimsten Gedanken mit den Zuschauer*innen.

Das Spektrum reicht von der überglücklichen Babymutter über eine Frau, die gesteht, dass ihr Kinderwunsch zeitweise größer war als die Liebe zu ihrem Mann bis hin zu einer Frau, die ihre Kinder zurückließ, um mit ihrem neuen Partner ins Ausland zu gehen. Eine berichtet, dass sie ihr frisch geborenes Baby zunächst für eine häßliche Missgeburt hielt, eine andere erzählt wie grausam es für sie war, dass ihre Zwillinge von der Haushälterin betreut wurde, während sie wieder arbeiten gehen musste. Eine der Interviewten bekam vier Kinder in vier Jahren und bekam bei Aldi eine solche Wut auf ihr Schicksal, dass sie den Einkaufswagen stehen ließ und an den Rhein fuhr. Alleinerziehende, Adoptivmütter, Berufstätige und Hausfrauen kommen zu Wort.

Anke Engelke („Frau Müller muss weg“)die in Carolin Schmitz‚ antivoyeuristischem Film „Mutter“ den Frauen ihren Körper leiht und zu den Originalstimmen der Interviewten synchron ihre Lippen bewegt, setzt in dieser Disziplin neue Maßstäbe. Und so ist es durchweg faszinierend der Wahlkölnerin, während sie als Sprachrohr des komplexen Innenlebens deutscher Mütter fungiert, bei ihrem schnöden Alltag als Schauspielerin zuzuschauen: Einkaufen, Haushalt, Kaninchenkäfig saubermachen, Auto waschen, Theaterproben.

Jedoch beschleicht einen zuweilen das Gefühl, dass einige Statements der Mütter – ohne Kenntnis der Hintergründe und durch den einzigartigen Verfremdungseffekt – gefühlloser wirken, als sie womöglich gemeint sind.

Foto (c) Tom Trambow