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Foto: (c) 2017 Twentieth Century Fox

Mit angezogener Handbremse

Zwei blonde Ausnahme-Komödiantinnen aus verschiedenen Generationen gehen auf einen leider holprigen und actionreichen „Mädelstrip“.

15 Jahre lang war die oscargekrönte Goldie Hawn nicht mehr auf der Leinwand zu sehen. Nun, mit 71 Jahren, ist sie endlich zurück – gemeinsam mit US-Comedy-Superstar Amy Schumer. Zu hoch sollte man die Erwartungen an ihren „Mädelstrip“ nach Equador dennoch nicht schrauben, denn die Entführungskomödie von Jonathan Levine („Mike and Dave Need Wedding Dates“) hat leider einen gewaltigen Haken: Während sich Amy Schumer gewohnt schamlos austoben darf, wurde Goldie Hawn die Rolle einer todernsten, überängstlichen Mutter aufgezwungen. Was für eine Vergeudung, ist Goldie Hawn doch mit so großem komischen Talent gesegnet!

Schumer spielt die unreife und rüde Emily Middleton, die zu Beginn des Films vielversprechend ulkig erst ihren Job in einer Boutique und kurz darauf ihren Freund verliert. Letzter hat die Nase gestrichen voll von der narzisstisch gestörten jungen Frau, die noch beim Trennungsgespräch alles daran setzt, es wenigstens so zu drehen, als habe sie Schluss gemacht. Doch was wird jetzt aus dem lang geplanten, nicht erstattbaren Trip nach Ecuador für zwei?

Frustriert läuft Emily bei ihrer geschiedenen Mutter Linda (Goldie Hawn) auf, die recht abgeschottet mit ihren Katzen und Emilys unter Platzangst leidendem Bruder Jeffrey (Ike Barinholtz) unter einem Dach lebt. Da keiner von Emilys Freunden sie ersatzweise auf den Trip begleiten will, kommt ihr beim Durchblättern des Fotoalbums ihrer einst recht flippigen Mutter die zündende Idee: Mama soll sie auf die Reise begleiten!

Wenig später schmiert ihre nervig-übervorsichtige Mutti sie im Luxusressort bereits mit Unmengen Sonnenmilch ein. Doch die Rettung naht – sowohl für Emily als auch für den von Hawns Rolle genervten Zuschauer: Tatsächlich wird die proppere Maid von James (Tom Bateman), einem attraktiven Latin-Lover-Typen, angesprochen. Klar, dass Schumer hierauf ihr feministisch-komisches Talent zeigt, indem sie patriarchale Erwartungen an Frauen schamlos unterwandert.

Wenn sie am Waschbecken heimlich ihren Intimbereich für den Fall der Fälle checkt und James sie dabei versehentlich sieht, oder wenn sie bei einem Ausflug mit dem sanften Schönling betrunken und nicht gerade damenhaft Capoeira tanzt, bleiben wohl nur die Augen zart besaiteter oder sehr altmodischer Zuschauer trocken. In diesen Szenen erinnert sie einmal mehr an die großartige Melissa McCarthy, die mit ihrem denkwürdigen Auftritt in „Brautalarm“ einst dazu beitrug, dass stinknormal aussehende Frauen mit gewöhnlichen Körpermaßen in Hollywood-Komödien salonfähig wurden.

Zum nächsten gemeinsamen Ausflug lädt James auch noch die Frau Mama ein, doch was diese schon ahnte, stellt sich als tatsächlich wahr heraus: Sein Interesse an Emily war nur vorgetäuscht, in Wirklichkeit hat James nur den Köder für eine kolumbianische Bande gespielt, die die beiden weißen Ladys nun entführt. Leider sind alle Einheimischen, allen voran der grausame Bandenchef Morgado (Oscar Jaenada), unangenehm klischeehaft dargestellt. Deshalb bleibt dem Zuschauer während der an sich durchaus witzigen Szenen das Lachen leider im Halse stecken.

Unfreiwillig unkomisch sind auch etliche Nebenrollen, wie die von Emilys nerdigem Bruder, der sich auf die Socken macht, um seine Familie aus den Klauen der bösen Kolumbianer zu befreien. Auch ein billiger Indiana-Jones-Abklatsch, der den beiden Damen ein Stück weit aus der Patsche hilft, zeugt von nicht durchdachten Pointen. Lediglich die Urlauberinnen Ruth (Wanda Sykes) und Barb (Joan Cusack) wissen als skurriles Befreiungsteam zu amüsieren.

So bleibt man nach dem Film mit gemischten Gefühlen zurück. Einerseits hat man sich durchaus bei einigen Gags vor Lachen auf die Schenkel geklopft, andererseits ist man peinlich berührt von der klischeehaften Darstellung und vor allem zutiefst verärgert, dass Goldie Hawn dazu gezwungen war, bei diesem Mädelstrip mit angezogener Handbremse zu fahren.

Stimme / Juni 2017