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Foto: (c) Zorro

Alpenglühen Reloaded

Remakes von Märchenfilmen haben in Hollywood Hochkonjunktur. Gelegentlich fragt man sich verwundert, ob auch die x-te Neuverfilmung von „Die Schöne und das Biest“ noch einmal ihr Publikum finden und die hohen Produktionskosten wieder einspielen wird. Filmdebütant Matthias Lang hingegen greift als Autor und Regisseur eine alte, märchenhafte Sage aus seiner Südtiroler Heimat auf, die zuvor noch nie verfilmt wurde. Den Stoff vom „König Laurin“ und dessen leuchtendem Rosengarten versteht er zudem mit bescheidenem Budget ansprechend umzusetzen – und damit dem angestaubten Genre einen frischen Anstrich zu verleihen: Geschickt verknüpft der Absolvent der Münchner Filmhochschule die alte Sage mit einer zeitlosen Geschichte.

Einen Teil seiner Tage verbringt Prinz Theo (Florian Burgkart) stets auf der Streckbank, denn zur Enttäuschung seines Vaters König Dietrich (Rufus Beck) ist der 16-Jährige viel zu klein und schwächlich geraten. Dass sein Sohn stattdessen andere Qualitäten hat, gewitzt und loyal ist, bekommt der verbitterte und verblendete Regent gar nicht richtig mit. Der feige Mord an seiner Frau, für den er fälschlicherweise einst die Zwerge verantwortlich machte, hat ihn vom rechten Weg abgebracht.

So hat der König die unschuldigen Gnome aus seinem Reich verbannt – und mit ihnen das althergebrachte Wissen um die richtige Pflege von Pflanzen. Deshalb gedeiht im Land fast nichts mehr, Dietrichs Volk leidet. Dies ignoriert der vergrämte Sturkopf ebenso wie die Tatsache, dass Theos arroganter Cousin Wittich (Patrick Mölleken) hinter seinem Rücken heimlich plant, ihn vom Thron zu stoßen.

Bei einem Ausflug in die Dolomiten rettet nun der verbannte titelgebende König der Zwerge Theo das Leben. Als Gegenleistung soll der junge Königssohn dem kränklichen Zwergenkönig Laurin, der sehr überzeugend von Volker Zack verkörpert wird, in seinem Garten in den Bergen helfen. Anders als in der Sage aus dem 13. Jahrhundert tritt Laurin als Mentor des ebenfalls hinzugedichteten Königssohns auf, welcher durch ihn seine Liebe zum Gärtnern entdeckt.

Zum ersten Mal in seinem Leben lässt Theo eine Ahnung davon zu, dass man nicht groß gewachsen sein muss, um auch Großes zu vollbringen. Die beiden Erbfeinde, die einander anfänglich heftig misstrauen, beginnen sich vorsichtig miteinander anzufreunden. Spätestens ab diesem Punkt zieht die geschickt modernisierte Sage kleine und große Zuschauer in ihren Bann. Netterweise darf in der Neuinterpretation auch ein Ritterfräulein an der Rolle der Frau im Mittelalter zumindest zweifeln, der Score ist liebevoll komponiert, und die ansprechende Farbdramaturgie, die zeitweise an die alten DEFA-Märchenklassiker erinnert, entfaltet mehr und mehr ihre Wirkung.

Man leidet mit Theo, der immer noch um die Liebe und Anerkennung seines Vaters ringt und aus dieser Verzweiflung heraus eines Tages das Vertrauen des Zwerges missbraucht. Er stiehlt ihm seinen Zaubergürtel, damit er ihm magische Kräfte für das anstehende Ritterturnier verleihen möge. Fortan nimmt die Geschichte zunächst einen tragischen Verlauf, der jedoch weiterhin geschickt von trocken-humorvollen Dialogen aufgelockert wird.

So fragt sich König Dietrich, warum Kinder immer so ein Gesicht ziehen müssen, wenn sie mit ihren Eltern mal was unternehmen sollen: In diesem Fall handelt es sich bei der Unternehmung jedoch um einen erneuten Kriegszug gegen Theos Freund König Laurin – in dessen Verlauf wie in der Vorlage der leuchtende Rosengarten dran glauben muss. Im Gegensatz zur düsteren Sage zeigt sich „König Laurin“ jedoch wesentlich familienfreundlicher – inklusive romantisch glühender Alpen.

Mittelbayerische / August 2016