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Foto: (c) Warner Bros. Ent.

Feierabendhumor mit Esel-Banker

Die Komödie „Highway to Hellas“ von Aron Lehmann kann sich nicht von den einschläfernden Klischees lösen, die sie möglicherweise unterwandern wollte.

Frisst eine Ziege, die frech durch das offenstehende Fenster des Büros eines griechischen Bürgermeisters lugt, irgendwelche Papiere, die in der Nähe herumliegen. Sagt der Gemeindevorsteher zum kafkaesken deutschen Beamten, der auf der malerischen Sonneninsel die Bankensicherheit überprüfen soll: „Kein Problem. Das war nur die Steuererklärung von meinem Cousin.“ Wer sich bei derartigem Humor – in Zeiten von wieder erstarkenden Vorurteilen gegen Ausländer und Grexit-Diskussionen – noch vor Lachen auf die Schenkel haut, dem sei die lahme Komödie „Highway to Hellas“ von Aron Lehmann wärmstens empfohlen. Christoph Maria Herbst und Adam Bousdoukos, der einen deutschen Wahlgriechen mimt, versuchen tapfer gegen den deutschen Fernsehabend-Humor anzuspielen. Doch gegen die klischeebeladenen Figuren, die Lehmann aus der gleichnamigen Romanvorlage geschneidert hat, kommt das motivierte Ensemble kaum an.

Minisupermarkt-Besitzer Panos (Bousdoukos) wird also von Bürgermeister Spyros (Akillas Karazisis) darauf angesetzt, den weißen Kredithai Jörg Geissner (Herbst), der gekommen ist, um die Sicherheiten der fiktiven Insel Paladiki zu überprüfen, noch eine Weile hinzuhalten. Schließlich existiert das bei der AWO-Bank angegebene E-Werk beispielsweise gar nicht. In Wirklichkeit kommt der Strom der faulen, bärtigen Sonnenscheinchen und ihrer seelen- und temperamentvollen Frauen, die für ihr großspurig angekündigtes Sanfter-Tourismus-Projekt „Galapagos in Greece“ Gelder bekommen haben, über ein Seekabel. Also muss noch rasch eine E-Werk-Attrappe errichtet werden, die den Ausverkauf der geliebten Insel abwenden soll.

So inspiziert der sofort als „Gauleiter“ und „deutscher Spion“ verschriene und schikanierte Kredithai zunächst den einsamen Strand, an dem noch keine Touristenburgen stehen – was aber das heimliche Ziel der Bank ist, die sich die idyllische Insel einverleiben möchte. Geissners häufige Telefonate mit seiner hartherzigen Vorgesetzten daheim gehören übrigens zu den gähnend langweiligsten Szenen des ohnehin recht öden Films. Zur Besichtigung besagten E-Werks und der Krankenstation braucht Geissner ein Fortbewegungsmittel: Panos leiht ihm statt das gewünschten Autos einen sturen Esel – damit er auch sicher nicht zum Ziel kommt. Dieser flache, unoriginelle Humor ist wirklich zum Fremdschämen. Als Zuschauer ertappt man sich bei dem Gedanken: Hoffentlich bekommen unsere griechischen Freunde diesen Schmarrn niemals zu Gesicht.

Wie dem auch sei: Am Traumstrand trifft Geissner schon bald auf eine attraktive, griechische Witwe, die dem einsamen und arbeitsbesessenen Deutschen die Sinne verwirrt. Bei der Besichtigung der Krankenstation kommen sie sich schließlich entscheidend näher: Der Frauenheld Panos, die schöne Witwe, die dort natürlich als Krankenschwester arbeitet, und der ach so einsame Geissner, den Panos auch schon mal liebevoll-scherzhaft „Pep Guardiola“ nennt – in Anlehnung an den pedantischen Fußballtrainer.

Versteht sich von selbst, dass die ebenfalls als Sicherheit angegebene Krankenstation von einem alkoholkranken Arzt geleitet wird, dem die Hände schon beim Einschütten des gemeinschaftlich genossenen Ouzos zittern. So schleppt sich der Film, der seinen Titel paradoxerweise einem temporeichen Rocksong entlehnt, unter der unbarmherzigen Sonne Griechenlands weiter dahin.

Die brennenden Fragen, die bald im Raum stehen, lauten: Wird Geissner, dem die Lebensart der Griechen ganz allmählich zu gefallen beginnt, den Schwindel auffliegen lassen? Wird Troubadour Panos, der mit einer schönen Griechin einen gemeinsamen Sohn hat, sich endlich seiner Verantwortung stellen? Und: Wann ist der Film endlich zu Ende?

Stimme / Dez. 2015