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Foto: (c)  Lionsgate

Rette sich, wer kann

Der vorletzte Teil der erfolgreichen “Die Bestimmung”-Reihe krankt an einer allzu oberflächlichen Vorlage, die wenig Möglichkeiten für echte Spannung und schauspielerische Entfaltung lässt.

“Jeder verdient es, gerettet zu werden”, sagt die Heldin Tris im dritten Teil der dystopischen Jugendfilm-Reihe “Die Bestimmung – Allegiant”. Was angesichts der Flüchtlingsströme ein wichtiger politischer Gedanke wäre, bleibt aufgrund eines allzu platten Skripts und hölzerner Charaktere jedoch nur eine hohle Behauptung. Die erste Teilverfilmung des letzten Bandes der erfolgreichen Buchreihe enttäuscht. Selbst talentierte Schauspieler wie Shailene Woodley (“Das Schicksal ist ein mieser Verräter”), Jeff Daniels (“Steve Jobs”) und Miles Teller (“Whiplash”) vermögen nicht gegen die öde Buchvorlage von Veronica Roth anzuspielen. Ebensowenig ausrichten kann der deutsche Regisseur Robert Schwentke (“R.E.D.”) mit seiner größtenteils ansprechenden visuellen Umsetzung.

Ging es in den ersten beiden Teilen mit ein bisschen guten Willen im Kern noch um recht interessante politische Themen wie Gruppendruck, die Beschneidung von Individualität und um die Unterdrückung der dem Menschen innewohnenden Potenziale durch ein totalitäres System, dreht sich in dieser Verfilmung alles mehr oder weniger um die olle Gentechnik.

In Chicago ist die alte Regierung gestürzt worden, nun gibt es keine Fraktionen wie die Ferox (die Furchtlosen), die Candor (die Freimütigen), die Ken (die Gelehrten), die Altruan (die Selbstlosen), und die Amite (die Friedfertigen) mehr. Doch die neuen Anführer unter Evelyn (Naomi Watts) wissen den ehemaligen Tyrannen auch nur Hass entgegenzusetzen. In grausamen Schauprozessen werden die ehemals Verantwortlichen hingerichtet. Tris (Shailene Woodley), die in diesem Teil ihren bislang blassesten Part spielt und mit ihrer langweilig-ernsthaften und wenig teenagerhaften Art so richtig nervt, beobachtet diese Entwicklung natürlich mit großer Skepsis.

Also entschließt sie sich gemeinsam mit ihrem Love-Interest Four (Theo James) – in diesem Teil nimmt man den beiden ihre ach so innige Liebesbeziehung noch weniger ab – zu fliehen, begleitet von Tris’ Bruder Caleb (Ansel Elgort), Christina (Zoë Kravitz) und dem auf ewig enervierend nur auf seinen eigenen Vorteil bedachten Peter (Miles Teller). Ihr über eine himmelhohe Mauer führender Ausbruch aus der von Evelyn komplett abgeriegelten Stadt, in der die Konflikte zwischen rivalisierenden Gruppierungen sich weiter zuspitzen, ist auch schon der spannungsreichste Moment des Films. Dieser fordert auch die schauspielerischen Fähigkeiten Ansel Elgorts am meisten, muss der begeisterte Hobby-Freeclimber doch vortäuschen, er könne nicht klettern.

Die Welt draußen scheint zunächst unbewohnbar zu sein, selbst der Himmel weint blutige Tränen. Die Landschaft ist hochgradig radioaktiv verseucht und sieht aus, als hätten sie sich die Szenenbildner von “Der Marsianer” und “Mad Max” bei ein paar kollegialen Schnäpschen ausgedacht. Doch wartet in dieser Unwirtlichkeit noch jemand: die Bewohner des hübsch futuristisch aussehenden Amts für genetisches Sozialwesen samt ihres allmächtigen Leiters David (Jeff Daniels). Tris vertraut dem genreüblichen, undurchschaubaren Wissenschaftler zunächst, Four natürlich nicht, während es dem Zuschauer merkwürdig egal bleibt. Durch ihn erfährt die Heldin, dass Chicago nur ein riesiges Genexperiment ist – und sie dessen einziges erfolgreiches “Ergebnis”.

Weiter spoilern sollte man nicht, ist die Handlung doch ohnehin schon recht vorhersehbar und wirkt vermutlich nur auf die ganz echten Fans der Reihe nicht einschläfernd. Alle anderen Zuschauer können nur versuchen, sich auf visuell recht beeindruckende, mit Hilfe modernster Drohnentechnik realisierte Kämpfe und ein paar schicke Flugobjekte zu freuen, um nicht wegzunicken. So wundert es letztlich nicht, dass Robert Schwentke nun doch nicht für das endgültige Finale “Die Bestimmung – Ascendant” auf den Regiestuhl zurückkehrt, sondern von “Für immer Adaline”-Regisseur Lee Toland Krieger abgelöst wird. Immerhin hinterlässt er ihm keinen genreüblichen Cliffhanger.

Stimme / März 2016