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Foto (c) 2019 Constantin Film Verleih GmbH / NEON / VICE Studios

Der durchgeknallteste Film des Jahres

Oscarpreisträger Matthew McConaughey als bekiffter Wiedergänger des legendären „Dude“: In „Beach Bum“ schlägt Regisseur Harmony Korine ordentlich über die Stränge.

Manche Filme sollte man sich eigentlich nicht nüchtern anschauen. Harmony Korines eigenwillige Komödie „Beach Bum“ gehört in diese Kategorie. Indie-Regisseur Korine, der mit seiner schwindelerregenden Anti-Teenie-Komödie „Spring Breakers“ 2013 die Sehgewohnheiten der Zuschauer herausforderte, scheint mit seiner neuen Satire über einen hedonistischen, dauerbekifften und dauerbesoffenen Schriftsteller noch einmal in ein verwandtes Horn blasen zu wollen.

Zumindest konnte er für seinen Film wieder eine interessante Besetzung gewinnen: Das hippieeske Autorengenie „Moondog“, das an den „Dude“ aus „The Big Lebowski“ erinnert, wird von Oscarpreisträger Matthew McConaughey  („Dallas Buyers Club“) verkörpert. Snoop Dogg spielt außer sich selbst noch den Liebhaber von Moondogs Ehefrau, und Highschool-Musical-Star Zac Efron ist als soziopathischer Typ namens Flicker, der mit Moondog aus einer Entzugsklinik ausbüxt, hübsch gegen den Strich besetzt. Jonah Hill, Martin Lawrence und Isla Fisher runden den illustren Cast ab.

Erzählerisch bewegt sich die Komödie jedoch auf sehr dünnem Eis: In der ersten Hälfte des Films sieht man dem immer bestens gelaunten Moondog lediglich dabei zu, wie er seinem übertrieben hedonistischen Lebensstil frönt: Er dröhnt sich permanent zu, vögelt ebenso wie seine geliebte, steinreiche Ehefrau und Mäzenin durch die Gegend und saust halbnackt auf seinem Boot durch die Florida Keys. Viel mehr passiert zunächst nicht.

Immerhin werden diese inhaltlich eher ermüdenden Szenen von Korines Stammkameramann Benoit Debie, der auch für Gaspar Noé stets auf tripartige Bilderjagd geht, sehr sehenswert auf Film gebannt. Auch der enthusiastische Soundtrack zwischen Jimmy Buffett (der mit Snoop Dogg eigens für den Film einen Song geschrieben hat), Van Morrison und The Cure hält den Zuschauer einigermaßen bei Laune – selbst wenn er gerade keine Drogen zur Hand hat. Während „Spring Breakers“ allerdings noch das hedonistische, dem amerikanischen (Alb-)Traum hörige Treiben seiner Protagonisten unterschwellig verurteilte, bleibt „Beach Bum“ kritikfrei.

In der zweiten Hälfte des handlungsarmen Films wird Moondog durch eine Wendung des Schicksals dazu gezwungen, innerhalb eines Jahres endlich sein nächstes Buch zu schreiben. Dies treibt den Poeten auf eine kleine Odyssee, bei der er allerhand inspirierende, schräge Vögel kennenlernt. Dabei gelingt es Regisseur Korine besonders in der Episode mit Martin Lawrence als Delfintouren-Anbieter – der allerdings einen Hai nicht von einem niedlichen Flipper unterscheiden kann -, genial über die Stränge zu schlagen. Dagegen bleibt dem nüchternen Zuschauer das Lachen im Halse stecken, wenn Moondog gemeinsam mit seinem Entzugsklinik-Buddy Flicker einen Rollstuhlfahrer niederschlägt und ausraubt.

Wer Unterhaltung mit Handlung und tiefergehendem Sinn bevorzugt, ist in diesem verspulten Anti-Film falsch. Und wer den wesentlich gehaltvolleren filmischen Trip „Spring Breakers“ schon nicht mochte, der sollte sich „Beach Bum“ erst recht nicht anschauen. Wer aber gerade in „Man lebt nur einmal“-Stimmung ist und für gut anderthalb Stunden unserer bisweilen von übertriebener politischer Korrektheit geprägten Welt entfliehen möchte, dem sei die exzentrische Komödie „Beach Bum“ empfohlen. Denn einen Typen wie den von Matthew McConaughey genial gespielten Moondog bekommt man so schnell kein zweites Mal zu sehen.

„Beach Bum“ in prisma von März 2019