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Foto: (c) 2014 Disney

Der König der Roboter

Der technisch brillante 3D-Familienfilm „Baymax – Riesiges Rowohabohu“ aus den Walt Disney Animation Studios weiß durch faszinierend zeitgemäße Hauptcharaktere und emotionale Tiefe zu überzeugen.

Zuletzt hatte Disney seinem Ruf als Heimat des Trickfilms wieder alle Ehre gemacht: „Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“ (2013) ist schon jetzt der erfolgreichste Animationsfilm aller Zeiten. Die Erfolgssträhne könnte sich nun fortsetzen: „Baymax – Riesiges Rowohabohu“ von den Regisseuren Don Hall („Winnie Puuh“) und Chris Williams („Bolt – Ein Hund für alle Fälle“) ist ein fantastisch animiertes 3D-Abenteuer, das sehr frei auf dem recht unbekannten Marvel-Abenteuer „Big Hero 6“ basiert.

Die Übernahme der legendären Comic-Schmiede 2009 zahlt sich hier für Disney einmal mehr aus, liefert die Vorlage doch gleich mehrere ungewöhnliche Helden. Allen voran der titelgebende Roboter: Mit dem Gesundheitsassistenten Baymax kreieren die Geburtshelfer von Micky Maus und Bambi eine Kultfigur, die in etwa aussieht wie das Michelin-Männchen – nur dass sie viel knuddeliger ist.

Neben dem putzigen Roboter begeistern aber auch die weiteren (Super-)Helden der Geschichte: Zum einen die egozentrische, pubertierende Vollwaise Hiro, ein 14-jähriges Genie, das einem Manga-Comic entsprungen sein könnte und dennoch das große Herz vieler Disney-Figuren in sich trägt. Dazu gesellt sich die Robotikstudentin Gogo Tomago, die nicht nur superschlau und erfindungsreich, sondern obendrein auch noch ultracool ist – solche Vorbilder lassen Mädchenherzen von heute höher schlagen. Hauptfigur ist jedoch selbstverständlich der tollpatschige Baymax, der in Sachen Liebenswürdigkeit sogar seinen Kollegen „Wall-E“ in den Schatten stellt. Dazu trägt sicher auch seine sanftmütige, von Bastian Pastewka wunderbar synchronisierte Stimme bei.

Um den Roboter entspinnt sich dann eine größtenteils zwar absehbare, aber dennoch sehr unterhaltsame Geschichte. Erfunden hat den aufblasbaren Baymax Hiros großer Bruder Tadashi, der an einer Techniknerd-Uni studiert und mit seiner Erfindung eines Pflegeroboters, der seine Patienten scannen und ihr Leiden sofort behandeln kann, das Gesundheitswesen revolutionieren will. Sein hochintelligenter, kleiner Bruder Hiro dagegen vertreibt sich seine Zeit lieber mit illegalen Roboterkämpfen.

Mittels eines anrührenden Tricks lockt Tadashi ihn in die studentischen Laborräume, wo er nicht nur Baymax, sondern auch die ungewöhnliche Kommilitonen seines Bruders kennenlernt: den korpulenten Ordnungsfanatiker Wasabi, der mit Plasma-Klingen experimentiert, die Chemie-Expertin Honey Lemon, Gogo Tomago, die an High-Tech-Rädern arbeitet und den Comic-Fan Fred, der für seine genialen Freunde eine Art Maskottchen ist.

Um die Aufnahmeprüfung zu bestehen, entwickelt Hiro sogenannte Mikrobots, die sich mittels Telepathie sekundenschnell zu jeder erdenklichen Form zusammensetzen lassen. Doch nach der erfolgreichen Präsentation bricht ein Feuer in der Uni aus, bei dem Hiros Bruder ums Leben kommt. Der pubertierende Junge fällt in ein tiefes Loch, was das mitfühlende Dickerchen Baymax auf den Plan ruft, der fortan alles daran setzt, seinem Patienten zu helfen.

Zunächst nervt der naiv und tollpatschig durch die unglaublich abwechslungsreich animierte Welt von San Fransokyo – einer gelungenen Mischung aus San Francisco und Tokio – tapsende Roboter den Jungen gewaltig. Doch schon bald entwickelt sich zwischen den beiden eine ungewöhnliche Freundschaft. Und da das friedfertige Riesenmarshmellow wirklich alles zu tun bereit ist, um Hiro zu heilen, lässt Baymax sich gemeinsam mit Tadashis Kommilitonen auch zum Superhelden mit Superkräften aufrüsten. Gemeinsam versuchen sie, den Bösewicht mit der Kabuki-Maske zu überführen, der Hiros Nanotechnologie gestohlen und auch das Feuer in der Uni gelegt hat.

Wenn die „Big Hero 6“ im letzten Drittel den Schurken jagen, erinnert der Film zwar eher an die „Transformers“-Filme und folglich büßt die Geschichte einiges von ihrem ungewöhnlichen Charme ein. Doch spätestens wenn der verbitterte Hiro durch seinen selbstlosen Roboterfreund begreift, was wahres Heldentum ausmacht, stehen den großen und kleinen Zuschauern doch wieder die Tränen in den Augen. Kaum ist der Vorhang gefallen, freut man sich schon auf die Fortsetzung mit dem witzig-originellen „König der Roboter“.

Stimme / Jan. 2016