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Foto (c) Gravier Productions, Inc., Photo by Jessica Miglio

Mach’s nicht noch einmal

Woody Allens altbackenes Frauenbild vermiest einem auch seinen neuen Film…

Von seiner Adoptivtochter wurde dem US-amerikanischen Filmregisseur Woody Allen 1992 sexueller Missbrauch vorgeworfen. Allen stritt die Vorwürfe stets ab und wurde vor Gericht freigesprochen. Juristisch gesehen gilt deshalb die Unschuldsvermutung.

Nachdem jedoch Dylan Farrow ihre Vorwürfe gegenüber ihrem Vater erneuert hat, kündigten die Amazon Studios dem vierfachen Oscarpreisträger einen vier Filme umfassenden Deal. Allens neue Komödie »A Rainy Day in New York« war zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits abgedreht. Der Regisseur klagte vor Gericht wegen Vertragsverletzung, inzwischen einigte man sich.

Hauptdarsteller Timothée Chalamet verkündete, seine Gage einer Initiative gegen sexuellen Missbrauch zu spenden, genau wie seine Kollegen Griffin Newman und Rebecca Hall.

In den USA ist der Film bislang nicht herausgekommen, europäische Verleiher scheinen jedoch eher dazu zu tendieren, Werk und Autor zu trennen – in Spanien wird bereits der nächste Woody-Allen-Film gedreht.

Startet man das Gedankenexperiment, die aktuelle Liebeskomödie von den Vorwürfen gegen Allen zu trennen, stellt man jedenfalls fest, dass sich an dessen reaktionärem Frauenbild vorerst nichts geändert hat: Die naive angehende Journalistin Ashleigh (Elle Fanning) ist vor Aufregung ganz aus dem Häuschen. Sie darf in New York den Starregisseur Roland Pollard (Liev Schreiber) interviewen. Ihr dandyhafter College-Freund mit dem bedeutungsschwangeren Namen Gatsby Welles (Timothée Chalamet) plant daraufhin ein romantisches Wochenende mit ihr in Manhattan.

Besagter Regisseur verhält sich jedoch klischeehaft wie eine Diva, was das Blondchen vom Lande nicht daran hindert, sich gemeinsam mit Pollards Drehbuchautor Ted (Jude Law) auf die Suche nach dem verkannten Genie zu begeben. Auf ihrer gemeinsamen Odyssee entdeckt Ted, der arme Tropf, dass seine Frau ihn betrügt.

Daraufhin begibt sich Ashleigh allein auf die Suche nach dem Meister und trifft dabei auf den unwiderstehlichen Schauspielstar Francisco Vega (Diego Luna). Bei dessen Anblick vergisst sie glatt ihren Namen (und auch schon bald ihren Freund, der unterdessen allein durch die hübsch eingefangenen regennassen Straßen New Yorks streift). Doch aus dem Seitensprung mit dem Schwerenöter wird im letzten Moment doch nichts, da wiederum dessen Freundin verfrüht von einem Dreh zurückkehrt. Das blonde Dummchen landet deshalb, nur mit einem Mantel bekleidet, – wie könnte es anders sein? – auf den regennassen Straßen New Yorks.

Gatsby, ihr stadtneurotischer Freund, trifft unterdessen auf die einzig halbwegs interessante, wenngleich auffällig schmolllippige Frau: Chan (Selena Gomez), die sich von ihm nicht so leicht beeindrucken lässt. Insgesamt jedoch vermiest einem Woody Allens altbackenes Frauenbild den Film. »Mach’s nicht noch ein- mal Allen«, möchte man dem 83-jährigen Regisseur zurufen, der denselben Film gefühlt schon zigmal (und auch etliche Male viel besser als in diesem Fall) gemacht hat.

„A Rainy Day in New York“ in nd von Dez. 2019