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Foto: (c) WARNER BROS / MGM

Die drei Fragezeichen im falschen Film

Filme über des Menschen besten Freund, den Hund, gehören zur Kindheit wie das Lieblingskuscheltier oder das Glas Milch zum Frühstück. Ob „Lassie“, „Boomer, der Streuner“ oder „Ein Hund namens Beethoven“- in jeder Generation können sich unverstanden fühlende Kinder mit dem jungen Helden identifizieren, der durch die Freundschaft mit seinem Hund ein Stück reifer wird. Doch möchte man sich allen Ernstes mit seinen Kindern „Max“ von Boaz Yakin („Safe – Todsicher“) anschauen – einen Film um einen schwer kriegstraumatisierten Hund, der allmählich Vertrauen zu dem kleinen Bruder eines gefallenen Marines fasst? In einen Film, der zudem vor Hurra-Patriotismus nur so trieft und zeitweilig ungewöhnlich brutal ist?

Gleich zu Beginn bekommen die lieben Kleinen einen Vorgeschmack darauf, wie es heutzutage auf dem Erdenball oder zumindest in der Welt des Drehbuchautors Sheldon Lettich, einem Ex-Marine, so zugeht. Der brave Soldat, Vorzeigesohn und -patriot Kyle (Robbie Amell), streift mit seinem speziell ausgebildeten Militärhund durch die Region Kandahar in Afghanistan. Den sogenannten „Kriegshunden“, die seit dem Zweiten Weltkrieg brav ihren Dienst verrichten, ist dieser Film übrigens auch explizit gewidmet.

Der titelgebende Belgische Schäferhund „Max“ soll feindliche Waffenverstecke ausfindig machen. Selbstverständlich wirkt die afghanische Bevölkerung unheimlich verschlagen, und so geraten die beiden „Helden“ auch schon bald in einen Hinterhalt. Nachdem sich der Staub gelegt hat, ist Kyle tot, und sein Hund leidet fortan an einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Kurz darauf ist auch schon die Beerdigung in einem gottverlassenen Kaff in Texas. Max ist selbstverständlich mit von der Partie und legt sich schwer depressiv vor den aufgebahrten Sarg. Zu aller Überraschung zeigt der eigentlich auf Kyle fixierte Kriegshund jedoch ein wenig Zutrauen zu dessen kleinem Bruder Justin, der von dem vielversprechenden Josh Wiggins („Hellion“) verkörpert wird.

Selbstverständlich kann dieser aber auch nicht gegen ein grauenvolles Drehbuch anspielen. Justin konnte seinem strengen Vater (Thomas Haden Church), ebenfalls ein Ex-Marine, der sicherlich die Republikaner wählt, noch keine Ehre machen: Im Gegenteil, ihr Verhältnis ist mehr als frostig, da der missmutige Pubertierende stundenlang Video-Kriegsspiele spielt (immerhin!) und mit Raubkopien dealt. Nun wird er knallhart vor die Wahl gestellt: Entweder er kümmert sich fortan um den Hund, mit dem niemand mehr zurechtkommt, oder Max wird eingeschläfert.

Ein wenig zögernd willigt er ein. Nachdem jedoch die Cousine seines besten Freundes, die Hundeflüsterin Carmen (Mia Xitlali), ihm ihre Hilfe anbietet, läuft mit Max alles bestens. Allerdings: Die unbeschwerten Kindheitstage, die bei diesen Kids neben Computerspielen hauptsächlich darin bestehen, in einem Affentempo auf BMX-Rädern durch die Wälder zu rasen, währen nicht lange. Die Heimatfront ruft: Kyles Kumpel Tyler (Luke Kleintank), mit dem er zusammen in Afghanistan war, ist als verwundeter Held zurückgekehrt. Zu Hause dealt er munter mit illegal von dort eingeschmuggelten Waffen. Zudem missbraucht er seinen Job bei Justins Vater, um in dessen Lagerräumen das Kriegsgerät unterzubringen. Max kann jenen Tyler natürlich überhaupt nicht riechen.

Zudem kommen auch noch ein paar zusätzliche Schufte und ein korrupter Sheriff ins Spiel, die jedem B-Movie zur Ehre gereichen würden. Nur so viel sei verraten: Gegen Ende wäre es vielleicht besser, etwas sensiblere Kinder mit einer Tüte Popcorn oder einem Gameboy abzulenken. Der unerträglich patriotische Streifen wird allmählich recht brutal – ganz, als wären die drei Fragezeichen in den falschen Film geraten. Das größte Lob verdient wohl der Hundetrainer, der die sechs Belgischen Schäferhunde, die allesamt „Max“ spielen, sowie fünf grimmig dreinschauende Rottweiler und sechs Chihuahuas offensichtlich gut im Griff hatte.

NWZ Inside / Sept. 2015