Foto: (c) Warner
Auf eisiger Spur
Ein gelungener Buddy-Movie lebt von seinen Hauptdarstellern, bei denen nicht nur die Schauspielkunst, sondern auch die Chemie stimmen muss. In dieser Hinsicht kann Tobi Baumanns Verfilmung von Cornelia Funkes „Gespensterjäger – Auf eisiger Spur“ punkten. Der Regisseur von „Ladykracher“ und „Der WiXXer“ besetzte die unvergleichliche Anke Engelke als grauhaarige Gespensterjägerin. Schauspielentdeckung Milo Parker, der bei der diesjährigen Berlinale die Zuschauer mit seiner Darstellung des kleinen Roger in „Mr. Holmes“ begeisterte, gibt den ängstlichen, elfjährigen Tom, der über sich hinauswachsen muss. Gemeinsam formieren die beiden Ausnahmetalente eine herrlich schräge Außenseiter-Gurkentruppe, zu der sich noch das Gespenst Hugo gesellt. Aber während die Leinwand-Chemie des Trios stimmt, lässt leider die Animationskunst, mit der der Geist in Szene gesetzt wird, etwas zu wünschen übrig.
Natürlich werden Erinnerungen wach: Hugo scheint gänzlich aus jenem grünem „Slime“ zu bestehen, der als Spaßartikel in den 80er-Jahren für Furore sorgte. Und natürlich kann Hugo seine Verwandtschaft zum grünen Geist aus den „Ghostbusters“-Filmen nicht leugnen. Was nicht weiter schlimm wäre, wenn er nicht auch – rein tricktechnisch – aus der Zeit gefallen wäre: Die durch zahlreiche Computer-Effekt-Spektakel verwöhnten kleinen und großen Zuschauer wird Hugo zunächst nicht vom Hocker hauen. Das schleimige Etwas wird glücklicherweise durch die tuntig-freche Stimme von Bastian Pastewka dennoch beeindruckend zum Leben erweckt.
Ins Leben von Tom tritt Hugo das erste Mal im Haus von dessen Familie: Der Elfjährige will seinem – leider zu karikaturhaft wirkenden – Vater (Christian Ulmen), seiner Mutter (Julia Koschitz) und seiner, ebenfalls übertrieben zickig-biestigen Schwester Lola (Ruby O. Fee) beweisen, dass er trotz seiner Ängste in der Lage ist, eine Flasche Wein aus dem dunklen Keller zu holen. Der schleimige Geist erweist sich jedoch nach dem ersten Schrecken als liebenswertes MUG (mittelmäßig unheimliches Gespenst). Hugo ist vor einem UEG (urzeitlichem Eis-Gespenst) geflohen, das sich in seinem Zuhause, einer maroden Villa, breitgemacht hat.
Hugo und Tom müssen das UEG, das leider wirklich schlecht animiert ist und aussieht, als hätte man den netten Steinbeißer aus „Die unendliche Geschichte“ beim Bauklötzchen-Computerspiel Minecraft wiederauferstehen lassen, innerhalb von sieben Tagen vertreiben. Sonst löst sich Hugo einfach auf. Mehr noch: Auch die ganze Welt ist in Gefahr, denn das Eis-Gespenst überzieht mehr und mehr die fiktive europäische Stadt mit seiner großen Kälte und muss gestoppt werden. Durch Zufall erfährt Tom von der überaus erfolgreichen Gespensterjägerin Hedwig Kümmelsaft (Anke Engelke).
Das Problem: Die verbitterte Frau, die wie eine moderne Hexe wirkt, hasst Kinder eigentlich noch mehr als Gespenster. Zudem ist sie gerade bei der CGI, einer Geisterjägerbehörde, deren Hauptquartier sichtlich der Zentrale der „Men in Black“ nachempfunden ist, hochkant herausgeflogen, weil sie Teamarbeit und den Einsatz von moderner Technik ablehnt. Ohnehin ist ihre junge Chefin Frau Hoffmann (mäßig überzeugend: Karoline Herfurth), die manchen erwachsenen Zuschauer an die überhand nehmenden Controller in der wirklichen Arbeitswelt erinnern wird, nur noch an technischen Optimierungsprozessen interessiert. Die sich bedrohlich zuspitzende Lage hat Frau Hoffmann indes überhaupt nicht im Griff.
Folglich müssen sich die drei Außenseiter zusammenraufen, um die Welt vor einer erneuten Eiszeit zu retten. Wahre Freundschaft heißt letztlich das Zauberwort – wenn das mal keine schöne, kindgerechte Botschaft ist …
Weser Kurier / April 2015