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Foto (c) Albertine Productions

Chauvis zu Dosenfutter

Die französische Komödie »Rebellinnen – Leg dich nicht mit ihnen an!«

Bei französischen Komödien denkt man sofort an turbulentes Chaos im bieder-bürgerlichen Milieu – mit trotz ihrer Fehler recht sympathischen, meist männlichen Hauptfiguren, einem Hauch von Romantik und einer Prise Sozialkritik: Filme für einen unterhaltsamen Abend unter der Flagge »Weltflucht« also.

Auch Allan Mauduits politisch inkorrekte Krimi-Komödie »Rebellinnen – Leg dich nicht mit ihnen an!« gehört zu diesem Genre, mit dem Unterschied, dass die Hauptdarsteller ausnahmsweise ausschließlich weiblich sind, aus der Arbeiterschicht stammen und keine Männer brauchen, um sich aus ihrem Schlamassel wieder herauszuarbeiten. Und mit Chauvinisten machen die Überlebenskünstlerinnen kurzen Prozess.

So lässt Mitautor Mauduit die ehemalige »Miss Nord Pas de Calais 2005« Sandra (Cécile de France) zu Beginn – mit dem Blick einer Westernheldin, die schon zu viel Mist gesehen hat – in ihr tristes, nordfranzösisches Heimatstädtchen Boulogne-sur-Mer zurückkehren. Endlich mal keine französische Komödie, die nicht in lichtdurchfluteten Schickimicki-Wohnungen spielt!

Leider aber verschenkt Mauduit letztlich das Potenzial, sich tiefschürfender mit dem Milieu, aus dem seine Protagonistinnen stammen, auseinanderzusetzen. Stattdessen werden diese nur in eine schwarzhumorige Kriminalgeschichte verwickelt, die allerdings sehr unterhaltsam ist.

Zunächst zieht die ein wenig in die Jahre gekommene Provinzschönheit Sandra, die ihren reichen Mann an der Côte d’Azur verlassen hat, weil er sie offensichtlich schlug, vorübergehend wieder bei ihrer Mutter in einen Trailerpark ein. Einen Job bekommt die 35-jährige, beinahe durchweg herrlich missmutig dreinblickende Ex-Schönheitskönigin nur in der örtlichen Fischkonservenfabrik. Als ihr übergriffiger Chef Jean-Mi (Patrick Ridremont) sie vergewaltigen will, greift Sandra spontan zu drastischen Abwehrmaßnahmen, die aus einem Tarantino-Film stammen könnten. Auch die darauf folgende fachgerechte Entsorgung der Leiche, die witzig-trockenen Dialoge, das traurige Ableben einer unschuldigen Kuh, der bodycount-reiche Showdown und der Soundtrack verneigen sich vergnüglich vor den Werken Tarantinos. Sandras Kolleginnen, die mit einem faulen Ehemann geplagte Nadine (nuancenreich gespielt von Yolande Moreau) und die alleinerziehende, stets aufgedrehte Marilyn (Audrey Lamy), eilen jedenfalls der neuen Mitarbeiterin mit dem abgewetzten Leopardenmantel zu Hilfe.

Als Jean-Mi an seiner sehr speziellen Wunde verstirbt, beschließen die pragmatisch veranlagten Frauen gemeinsam, die Leiche des übergriffigen Super-Chauvis auf eine Europalette Thunfischdosen zu verteilen und die Tasche Geld, die er bei sich hatte, schwesterlich zu teilen. Doch bei der Entsorgung der Leiche entwickeln sich allerlei Komplikationen, und zudem kommen ihnen der in ein Drogengeschäft verwickelte örtliche Gangster Simon (Simon Abkarian) und eine Horde klischeehafter belgischer Dealer auf die Schliche, die selbstverständlich keinen Spaß verstehen. Die sehr unterschiedlichen Frauen wachsen jedoch angesichts der Probleme immer mehr zusammen. Auch das Love Interest Sandras, der attraktive, aber korrupte Polizist Digne (Samuel Jouy), hat kaum mehr Chancen, dazwischenzufunken.

Einen sozialkritischen Film mit trockenem Humor à la Ken Loach darf man nicht erwarten, jedoch wirkt die fröhlich-feminine Krimikomödie, in der die Antiheldinnen unverschämt komplexlos agieren, weibliche Solidarität für sich entdecken und auch den meisten Männern eine gewisse Ambivalenz zugestanden wird, sehr erfrischend im Penthouse-Block der französischen Komödien.

„»Rebellinnen – Leg dich nicht mit ihnen an!« in nd von Juli 2019