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Foto: (c) MFA+ FilmDistribution e.K.

Die Weisheit von Junior-Superhelden

Das von mittelgroßen Fans sehnsüchtig erwartete Sequel “Antboy – Die Rache der Red Fury” überzeugt wieder durch seinen wahrhaft kindgerechten Charme.

Wer kinobegeisterte Kinder im Alter von acht bis zehn Jahren hat, steht irgendwann vor einem Problem: Denn die lieben Kleinen blicken auf viele Filme, die ab sechs freigegeben sind, verächtlich herab, während man sie in Filme ab zwölf – oft aus gutem Grund – noch nicht mitnehmen kann. Schön, dass es Filme wie “Antboy – Die Rache der Red Fury” gibt. Wie schon beim ersten Teil des dänischen Überraschungserfolges von 2013 führt der 36-jährige Ask Hasselbalch Regie. Ähnlich wie sein Vorbild Spielberg kann er sich offensichtlich noch bestens daran erinnern, was es heißt, ein angehender Teenager zu sein. So folgen er und sein Drehbuchautor Anders Ølholm im Sequel auch nicht mehr der Vorlage der erfolgreichen Bücher von Kenneth Bøgh Andersen, sondern versetzen sich mit der typisch skandinavischen Einfühlsamkeit in die Psyche von Antboy.

Der heißt eigentlich Pelle Neumann (Oscar Dietz) und ist mittlerweile 13 Jahre alt. Mit seinen Superkräften, die er durch den Biss einer Ameise erhielt, fällt es ihm inzwischen leicht, die fiktive dänische Stadt Midellund vor Schurken zu beschützen. Sein origineller Sidekick, der Comicnerd Willem (Samuel Ting Graf), hört weiterhin geflissentlich den Polizeifunk ab und schickt ihn an die Orte der Verbrechen.

Probleme bereitet Pelle eher seine Pubertät und die mit ihr einhergehenden verwirrenden Gefühlszustände. Zu gern würde er mehr Zeit mit der – dem Antboy-Fan wohlbekannten – gleichaltrigen Ida (Amalie Kruse Jensen) verbringen. Doch die scheint sich zur Zeit mehr für den Neuen in der Klasse zu interessieren – einen gitarrespielenden Veganer, der auf Grünkohlchips steht. So bleibt ihm nicht anderes übrig, als sein Antboy-Kostüm auch mal zu zweckentfremden und sich – schokoladengestärkt – sehnsuchtsvoll an einen Baum gegenüber von Idas Fenster festzukrallen.

Zudem gibt es da noch die schüchterne Maria (Astrid Juncher-Benzon) mit der großen Brille, die heimlich in Antboy verliebt ist. Dieser rettet sie auch prompt auf der Eisbahn vor den Terrorzwillingen, versetzt sie aber leider wenig später bei der Schulfete. Durch diese unbedachte Zurückweisung verwandelt sich ihre verschmähte Liebe in zerstörerische Wut – ein altbekanntes Superhelden-Thema.

Da trifft es sich ausgezeichnet, dass ihr Vater, der von dem ehemaligen Berliner Tatort-Kommissar Boris Aljinovic gespielt wird, soeben seine vermeintlich nicht funktionierende Erfindung entsorgt hat: ein Cape, das unsichtbar macht. Maria fischt es aus der Mülltonne und wird zu “Red Fury” – einer Rachegöttin im fantasievollen, selbst geschneiderten Umhang. Schon bald trifft man sich zum großen Finale im Haus des Superschurken Floh (Nicolas Bro), der im Gefängnis sitzt und dort von Maria aufgesucht wurde. Auch die von mutierten Hirschkäfern gebissenen Terrorzwillinge finden sich zum spannenden Showdown dort ein.

Das charmante, wieder von tollen Comic-Strips unterbrochene Sequel weist zwar einige Längen auf und ist leider auch nicht perfekt synchronisiert. Letztlich weiß es aber durch seine geschickt miteinander verwobenen Erzählstränge zu überzeugen, die absolut “großkindgerecht” sind.

Wer noch zu jung für Marvels “Ant-Man” ist, der ebenfalls bald in die Kinos kommt, der wird auch an Teil zwei der geplanten Antboy-Trilogie seine helle Freude haben. Doch dies gilt genauso für Erwachsene, die noch zu lernen bereit sind, dass man auch als Superheld durchaus mal entbehrlich ist und beispielsweise für ein gemütliches Tête-à-Tête ruhig mal sitzen bleiben und eine ebenso fähige Kollegin die Arbeit verrichten lassen kann.

Stimme / Juni 2012