Foto (c) Thomas Bermond /Jericho
François, der Geizkragen
Die Bezeichnung Sparfuchs wäre im Fall von François Gautier eine glatte Untertreibung: Der Orchestermusiker und Geigenlehrer macht sich stets vom Acker, wenn seine Kollegen mit der Sammelbüchse für Geburtstagsgeschenke im Anmarsch sind, und seine Nachbarn hassen ihn, weil er sich ständig um die gemeinsamen Betriebskosten drückt. Er würzt sein Essen mit Umsonst-Ketchup-Tütchen, spart an Licht, am Busgeld und den Telefonkosten und benutzt abgelaufene Kondome, wenn er in die Verlegenheit kommt. Da werden Erinnerungen an Louis de Funès und seinen berühmten “Geizkragen” wach. Doch kann “Nichts zu verschenken”, die erste Komödie des Franzosen Fred Cavayé, mit dem Klassiker mithalten?
In puncto Hektik erinnert der von Dany Boon verkörperte François zuweilen durchaus an den großartigen Komiker Louis de Funès: In einer der gelungensten Szenen der Komödie fiedelt der erste Geiger zum Leidwesen seines Dirigenten mal eben Vivaldis “Vier Jahreszeiten” im Eiltempo herunter. Um Zeit zu sparen. Ähnlich flott ist das Tempo, in dem Fred Cavayé den Film inszenierte – darin hat der 49-Jährige Routine, drehte er doch bislang ausschließlich Thriller, wie den 2010 erschienen “Ohne Schuld”, von dem Hollywoodregisseur Paul Haggis zwei Jahre später ein Remake mit dem Titel “72 Stunden – The Next Three Days” herausbrachte.
Dennoch führt der Vergleich leider auf eine falsche Fährte, denn im Gegensatz zu der Version von Molières Stück “Der Geizige”, die Louis de Funès und Jean Girault 1980 realisierten, ist Cavayés Variante über weite Strecken leider nicht besonders witzig. Bestenfalls albern gerät der Film über einen unsympathischen Sparfuchs, was recht verwunderlich ist, denn mit Dany Boon (“Willkommen bei den Sch’tis”), wusste der Komödienfrischling Cavayé doch eine der talentiertesten Spaßkanonen Frankreichs an seiner Seite.
Für François’ notorischen Sparzwang haben die mit originellen Einfällen recht sparsam umgehenden Autoren Laurent Turner, Nicolas Cuche und Cavayé selbst einen quatschigen Grund ersonnen, der in den ersten Minuten erzählt wird: In einer Rückblende beschwört François’ baldige Mutter den ungeborenen Sohn, nicht so ein Verschwender zu werden wie sein Vater. Der Wunsch der Mutter war François ein Befehl, er spart an allen Ecken und Enden, selbst im Zwischenmenschlichen: Sein einziger Freund – und zugleich der beste Drehbucheinfall des Films – ist sein Bankberater (Christophe Favre), bei dem er sich regelmäßig therapeutischen Rat holt.
So steht der unsympathische Hauptcharakter Jahrzehnte vor einem echten Problem, als sich die neue, etwas naive Cellistin Valérie (Laurence Arné) in ihn verguckt. Da sie auch ihm gefällt, müsste der Geizhals sie eigentlich zum Essen einladen. Bezahlen möchte er aber natürlich am liebsten nichts. Also überlegt er sich einen zutiefst albernen Plan, wie er die unvermeidlichen Kosten meiden kann. Dieser geht natürlich schief. Der Abend endet in einer finanziellen Katastrophe.
Beinahe zeitgleich taucht auch noch François’ zuckersüße Teenager-Tochter Laura (Noémie Schmidt), von der der nachlässige Verhüter bislang noch nichts wusste, bei ihm auf. Sie will während ihrer Praktikumszeit auch noch bei ihm wohnen, sprich: auch warm duschen und das Licht benutzen.
Wer Post-it-Zettel auf denen “Nicht am Geländer festhalten, nutzt sich ab” witzig findet, kommt hier voll auf seine Kosten. In sketchartigen Szenen bewegt sich der Film auf die unvermeidliche emotionalen Wandlung zu, die François bewältigen muss, will er die zwei neuen Frauen in seinem Leben halten. Warum die überhaupt Teil seines Lebens sein wollen, können die Drehbuchautoren leider nicht schlüssig erklären, sie versuchen es auch nicht wirklich. Unterm Strich bleibt “Nichts zu verschenken” leider ein Film, den man sich getrost sparen kann.
Münchner Abendzeitung / April 2017