Foto (c) Matthias Bothor _ Alamode Film
Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Hamburger
„Du musst erst dein Verhalten ändern, dann ändern sich auch deine Gefühle“, sagt der frisch geschiedene Psychotherapeut Maximilian zu seinem neuen Hund aus dem Tierheim – der sich leider als ausgesprochen schwermütig erweist. Gespielt wird der Seelenklempner von August Zirner, der bereits in Sandra Nettelbecks Erfolgsfilm „Bella Martha“ (2001) wie auch in ihrem Kinderabenteuer „Sergeant Pepper“ (2004) die Protagonisten therapierte. Eine originelle Idee der begabten Filmemacherin, einen Ensemblefilm rund um eine Nebenfigur aus ihren vorherigen Arbeiten zu ersinnen. Von Bjarne Mädel über Christian Berkel und Jenny Schily bis Oliver Broumis sind auch die weiteren Rollen mit lebhaft aufspielenden Charakterköpfen besetzt.
Da ist zum Beispiel Fritz (herausragend: Oliver Broumis), der regelmäßig bei Maximilian (August Zirner) auf der Couch sitzt. Seit sein Lebensgefährte im Sterben liegt und dessen homophobe Mutter ihm verbietet, ihn zu besuchen, leidet der versierte Pilot unter Flugangst. In dem von düster-melancholischen Handlungssträngen durchzogenen Film, der durchweg bei schlechtem Wetter in Hamburg spielt, rührt seine Geschichte am meisten, bricht dem Zuschauer streckenweise das Herz.
Stark ist aber auch die Liebesgeschichte zwischen Zoowärter Hannes (ebenfalls herausragend: Bjarne Mädel) und seiner zwangsgestörten und zudem autistisch veranlagten Arbeitskollegin Sunny (Jenny Schily). Was für ein rührender Liebesbeweis, zur gemeinsamen Betriebsfeier für seine neurotische Angebetete frisch erworbene Bowling-Schuhe mitzubringen, da Hannes weiß, dass sie die Leihschuhe niemals anziehen wird! Wie sich später noch herausstellen wird, ist Sunny wiederum auf ärgerlich konstruierte Weise mit dem Psychotherapeuten verbunden. Aber sie stammt wenigstens aus der Arbeiterschicht, sodass man nicht ausschließlich den Sinn- und Lebenskrisen der wohlhabenden Mittelschicht in der Mitte ihres Lebens ausgesetzt ist.
Schwächer, schematischer und das Tempo des ohnehin etwas schleppend erzählten Films noch einmal drosselnd, sind die Geschichten um eine Schriftstellerin (Deborah Kaufmann), die nicht über den Tod ihres Geliebten hinwegkommt und dem trauerarbeitsmüden Bestattungsunternehmer Mark (Christian Berkel). Vor allem seine hypochondrische Schwester wirkt wie eine Kunstfigur. Immerhin sorgen die beiden Geschwister nach über einer Stunde Laufzeit für den ersten erfrischenden Lacher in dem sorgenreichen, mit traurigen Popsongs untermalten Film.
Bei Maximilian laufen alle Handlungsfäden mehr oder weniger geschickt zusammen, und auch er hat sein Päckchen zu tragen: Seine Ex-Frau Loretta (Barbara Auer) will weiterhin seine beste Freundin sein und belästigt ihn mit ihren Luxusproblemen. Um den bunten Problemreigen noch zu vervollständigen, verliebt sich Maximilian in die Patientin Sophie (anrührend: Johanna ter Steege), eine sympathische, aber spielsüchtige Sounddesignerin, die ihr Herz für gewöhnlich an die falschen Männer verliert.
Doch auch der Psychiater folgt meist nicht seinen Gefühlen, was Regisseurin Nettelbeck geschickt in Szene zu setzen weiß: Immer wieder glaubt man, er handele endlich mutig, nur um dann festzustellen, dass er wieder nur getagträumt hat. Am Ende bleibt ihm nicht anderes übrig, als sich an die alte Flugregel zu halten: Helfen Sie sich zuerst selbst, damit Sie anderen helfen können.