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Foto: (c) 2014 Studiocanal

Von gefährlichen Pumas und Frauen

„Nimm dich in Acht vor blonden Frau’n“ – die Warnung, die Marlene Dietrich einst in „Der blaue Engel“ aussprach, behält auch in diesem Kinowinter ihre Gültigkeit: Nach David Finchers „Gone Girl“ lernt das Publikum mit Susanne Biers „Serena“ binnen kürzester Zeit eine zweite brandgefährliche Blondine kennen. Die dänische Oscarpreisträgerin Susanne Bier („In einer besseren Welt“) besetzte in ihrem zweiten Hollywoodfilm die Hauptrollen mit dem neuen Kino-Traumpaar Bradley Cooper und Jennifer Lawrence, die in „Silver Linings“ (2012) und „American Hustle“ (2013) bewiesen, wie oscarverdächtig gut sie zusammen spielen. Aufgrund diverser Schwierigkeiten in der Post-Produktion kommt die bereits 2012 abgedrehte Verfilmung des gleichnamigen Romans von Ron Rash erst jetzt in die Kinos.

Bradley Cooper spielt in dem Melodram den Holzbaron George Pemberton, der 1929, also in der Depressionsära, mit teilweise betrügerischen Machenschaften an dem Ausbau seines Holzimperiums arbeitet. Seine Ländereien liegen in den nebelverhüllten Rocky Mountains, die Kameramann Morton Søborg überzeugend in den malerischen Wäldern Tschechiens sozusagen hat auferstehen lassen.

Als George seine Schwester besucht, lernt er sein weibliches Gegenstück kennen – die von einem düsteren Geheimnis umwitterte Serena (Jennifer Lawrence). „Wir sollten heiraten“, ist der erste Satz, den der beherzt George der begehrenswerten Frau gegenüber äußert – eine Szene wie aus einem alten Technicolor-Film. Auch die aufwendigen Kostüme und die recht keusche Darstellung der Liebesszenen erinnern an Werke aus dieser Ära.

Schon bald nehmen die Frischvermählten ihre Arbeit in der Einöde North Carolinas auf. Trotz exakt sitzender Fönwelle kann sich Serena gut in der von harten Interessenkonflikten beherrschten Männerwelt durchsetzen und steigt schon bald zur ebenbürtigen Partnerin ihres Mannes auf. Selbst die Existenz eines unehelichen Kindes, das George vor ihrer Begegnung mit einer einfachen Arbeiterfrau gezeugt hat, trägt sie zunächst „wie ein Mann“. „Unsere Liebe begann, als wir uns trafen“, sagt sie entschlossen zu ihrem George in einer wirkungsvoll inszenierten Szene, in der der Zuschauer nur durch bedeutungsvolle Blicke erahnt, was es mit der schwangeren Frau am Bahnhof auf sich hat.

Auch die Homosexualität Buchanans (David Dencik), des besten Freundes und Mitarbeiters von George, wird kaum verbal, sondern nur durch Blicke und Andeutungen abgehandelt. An anderer Stelle wirkt aber die Metaphorik von Christopher Kyles Drehbuch – und somit auch die Inszenierung – allzu platt. Zum Beispiel in dem Bild eines Pumas, den George unbedingt erledigen möchte: Der Puma, so erfährt der belehrungswillige Zuschauer, ist ein gefährliches Tier, das immer zuerst das Herz seiner Beute frisst. Georges Trapper Galloway (Rhys Ifans), dem man das zweite Gesicht nachsagt, setzt noch einen obenauf. Bedeutungsschwanger schickt er voraus, dass ein umherstreifender Berglöwe, der sich in dieser nahezu pumafreien Gegend herumtreibt, verflucht sein müsse.

Von der eigensüchtigen Serena wird indes immer mehr der Wahnsinn Besitz ergreifen, nachdem sie – wie schon so oft in ihrem Leben – einen schweren Verlust erleiden musste. Ihre innere Wandlung ist für den Zuschauer jedoch aufgrund des schwachen Drehbuchs nicht wirklich nachvollziehbar. Das und das egoistische Gebaren des „Traumpaares“ verhindern leider letztlich jegliches Mitgefühl mit dem tragischen Schicksal der beiden. Ob nun die Frau oder der Puma am Ende dem Mann das Verderben bringt – es kümmert kaum.

„Serena“ in Weser Kurier von Dezember 2015