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Foto (c) 2017 Wild Bunch

Drama eines eitlen Mannes?

Es beginnt mit einer im Grunde recht simplen Altherrenerkenntnis in Großaufnahme: Zwei Dinge seien es, die man im Leben zutiefst bereut – Dinge, die man getan hat, sowie die Dinge, die man nicht getan hat. Um genau diese Dinge dreht sich das Drama “Rückkehr nach Montauk” von Volker Schlöndorff, das Til Schweiger mitproduziert hat. Leider strotzt der Berlinale-Wettbewerber, der von Max Frischs stark autobiographischer Erzählung “Montauk” inspiriert ist, nur so vor Klischees.

Tatsächlich geht einem die Geschichte um einen sensiblen, narzisstischen Künstler, dem die Frauen unbegreiflicherweise verfallen sind oder waren, bereits nach einer halben Stunde gehörig auf die Nerven. Und das, obwohl die profilierten Darsteller wacker gegen die Schablonenhaftigkeit ihrer Charaktere und ihre blutleeren Dialoge anspielen, die Schlöndorff und sein Co-Autor Colm Toibin ersonnen haben.

Der zutiefst unsympathische Schriftsteller Max Zorn wird von Stellan Skarsgård verkörpert, der eigentlich immer eine gute Wahl ist. Er reist zu seiner Buchpremiere nach New York, wo ihn seine deutlich jüngere Gespielin Clara (Susanne Wolff) erwartet. Aufopferungsvoll, wie sie nun mal ist, hat sie seine Lesereise für den amerikanischen Verlag mit vorbereitet. Dass sie über einem stinkenden Kebab-Imbiss wohnt, wird der selbstgerechte Narzisst, der sich nie wirklich für seine Geliebten interessiert, erst erfahren, wenn bereits alles zu spät ist. Zudem wird Max von der pragmatischen Praktikantin Lindsey (Isi Laborde) bemuttert, die ihm unverständlicherweise bei seinen kommenden Eskapaden den Rücken freihält.

Zorns neuster literarischer Erguss handelt vom Scheitern seiner großen Liebe: Einst hat er die in Ostdeutschland geborene Rebecca (Nina Hoss) in New York sang- und klanglos verlassen. Ihre aktuelle Adresse erhält er von seinem ehemaligen Mentor, dem fiesen, stinkreichen Kunstsammler Walter (Niels Arestrup); einem Mann, der wertvolle, einzigartige Gemälde verrotten lässt, einfach, weil er es sich leisten kann. Über diese interessante Nebenfigur hätte man tatsächlich gern noch mehr erfahren. Stattdessen widmet sich Schlöndorff lieber dem Wiedersehen von Max und seiner Verflossenen.

Rebecca lebt und arbeitet immer noch im eigentlich so quirligen, aufregenden New York, das Schlöndorff jedoch so künstlich-stylisch aussehen lässt, als wären es die Kulissen eines Parfüm-Werbespots. Auch die wilde Strandidylle von Montauk, jenem Ort am Ende von Long Island, wo die beiden Hauptfiguren vor Urzeiten einmal eine glückliche Zeit miteinander verbracht haben, wirkt im Film wie Ausschnitte aus einem Tourismusprospekt für die Upper Class. Untermalt von recht bedeutungsschwangerer Musik von Max Richter. Was der von doppelter Reue geplagte Max auf diesem Wochenendausflug mit seiner alten Liebe unbedingt herausfinden möchte: Kann man die (verletzten) Gefühle von damals wieder zum Leben erwecken?

Es kommt unverständlicherweise zu einem One-Night-Stand zwischen dem schmuddeligen Schriftsteller und seiner sexy Ex, die allerdings zum Lachen in den Keller gehen zu scheint. Als Zuschauer windet man sich inzwischen unbehaglich in seinem Kinosessel, möchte von dieser verqueren, unglaubwürdigen Beziehung, in der hohl und hochtrabend aneinander vorbeigeredet wird, am liebsten nichts mehr mitbekommen.

Als Rebecca Max am nächsten Tag auch noch vom tragischen Tod ihres Ehemanns erzählt – der ihre große Liebe war und eben nicht Max -, ahnt man vielleicht, worauf der Film hinauswill. Aber gesehen hat man das Drama eines eitlen Mannes, der erkennen muss, dass er für die Liebe seines Lebens nicht von großer Bedeutung war, leider nicht.

Radio Köln / Feb. 2017