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Foto (c) Studiocanal GmbH

Ein Roboter mit Herz

Die Neuverfilmung des Kinderbuchklassikers „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ versteht es, einiges vom Zauber der TV-Serie aus den 70-ern weiterzutragen und zugleich moderne Akzente zu setzen.

Einige der erwachsenen Begleiter der Neuauflage von „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ werden sich noch mit wohligem Schaudern an die mehrteilige TV-Verfilmung des gleichnamigen Kinderbuches von Boy Lornsen erinnern. Eine aufwendige Inszenierung durch den Marionettenspieler Albrecht Roser und sein Stuttgarter Ensemble bannte in den 70er-Jahren viele kleine Zuschauer vor die Bildschirme. Besonders die Musik, die Töne und die schnarrend-tiefe Stimme des außerirdischen Roboters Robbi haben sich bei vielen ins Gedächtnis gegraben. So erkennt man zu Beginn der liebevollen Neuverfilmung von Wolfgang Groos („Rico, Oskar und das Herzgebreche“, „Vampirschwestern“) mit Herzklopfen im Soundtrack einige dieser Töne wieder. Statt Marionetten spielen dieses Mal aber leibhaftige Menschen und „echte“ Roboter mit. Zudem wurde die Geschichte von Jan Berger modernisiert, ohne an den Grundkonstellationen zu rütteln. Besonders der Verzicht auf althergebrachte Geschlechterklischees ist den Machern gut gelungen.

So begegnet man gleich zu Anfang Tobbis Vater („Wissen macht Ah!“- Moderator Ralph Caspers) in einer „Kiss the Cook“-Schürze. Er dankt seinem elfjährigen Tüftlersohn Tobbi (Arsseni Bultmann) überschwänglich für eine seiner letzten Erfindungen – eine Vorrichtung, die es ihm ermöglicht, gleichzeitig seinen beiden Lieblingsbeschäftigungen nachzugehen: Lesen und Kochen.

 Tobbis Mutter (Jördis Triebel), die als geschickte Automechanikerin bereits gelegentlich die verrückten Erfindungen ihres Sohnes in die Tat umgesetzt hat, ist allerdings nicht so begeistert. Viel lieber wäre ihr, wenn Tobbi, der in der Schule gemobbt wird, endlich Freunde finden würde. Ihr Wunsch scheint in Erfüllung zu gehen, zumindest fast, denn eines Tages fällt der außerirdische Roboter R.O.B. 344-66/3A – Spitzname Robbi – vom Himmel. Auf den heimlichen Star der Geschichte, den schrottfressenden Roboter, der im Bastelschuppen Tobbis zum Leben erwacht, ist man besonders gespannt. Der neue Gefährte des rothaarigen Jungen ist den Machern durchaus gelungen. Allerdings irritiert seine zuckersüße Stimme Fans der alten Serie zunächst sicherlich. Sie ertönt zum ersten Mal, nachdem er sich mal eben von Mama Findteisens Laptop „Deutsch als Fremdsprache“ runtergeladen hat. Aber insgesamt kommt diese Verfilmung naiver und weniger schauerlich daher und reicht deshalb nicht ganz an die kultige 70er-Jahre TV-Serie heran.

Nach einem ausgiebigen „All you can eat“-Menü aus allerlei Schrott, dass Tobbi dem Blechmann zubereitet, zündet dieser erst einmal seinen Furz an. Gags dieser Fasson ziehen sich wie ein brauner Faden durch den Film und finden zumindest bei den allerkleinsten Zuschauern – denn der Film ist ohne Altersbeschränkung freigegeben – sicherlich größten Anklang. Doch auch der geldgeile Chef des Großkonzerns Plumpudding Inc., Sir Joshua (Friedrich Mücke), hat es auf die außergewöhnlichen Roboter abgesehen. Er plant, sie zu sezieren, um fortan Handys und Tablets mit Herz produzieren zu können. Ein schöner Seitenhieb auf Apple und Co., wenn er von den unendlichen Profitspannen schwärmt: „Die Menschen werden vor unseren Geschäften schlafen und beim Kauf schreien vor Glück!“

Für diesen Plan bindet er die einander verabscheuenden Spezialisten Brad Blutbad und Sharon Schalldämpfer ein, die in der Originalvorlage nicht auftauchen. Doch diese Rollen verleihen dem Film Action und Tempo und bereiten dem Schauspieler-Ehepaar Sam Riley und Alexandra Maria Lara sichtlich großes Vergnügen.

Die Botschaften des Filmes gefallen und sind kindgerecht, jeder hat das Recht, „anders zu sein“, Freundschaft ist wichtiger als Geld, nicht nur Jungs, sondern auch Inuit-Mädchen haben Bock auf Abenteuer, und man muss lernen, sich zu wehren und seinen Ängsten zu stellen. Der heimliche Star des Filmes ist aber wieder einmal Robbi, der im Abspann noch einmal recht witzig in Szene gesetzt ist. Also: nach der Schlussszene sitzenbleiben!

Stimme / Nov. 2016