Gesundheit to Europa!
Die Summens von
Noch nie wurde so oft »Patti Smith« gegoogelt wie in den letzten Tagen. Der Anlass ist das neue Taylor-Swift-Album, auf dem Smith in dem Song »The Tortured Poets Department« erwähnt wird.
Wir dagegen haben vor allem nach längst vergessenen deutschen Bands wie Stunde X oder Lüde & die Astros gegoogelt. Anlass ist »Pudels Kern« von Rocko Schamoni, der Nachfolgeroman zu »Dorfpunk«.
In launigen Anekdoten erfährt man, wie die Musikindustrie aus Rocko und seiner Band einst mit viel Kohle die veritablen Nachfolger von Die Ärzte machen wollte oder wie sich der Pudel Club gegründet hat. Man erfährt, warum Funpunk so subversiv war und was das alles mit dem deutschen Schlager zu tun hat!
Endlich kommt der irrwitzige Dokumentarfilm »Die Blume der Hausfrau« aus dem Jahre 1998 wieder in die Kinos. Dominik Wessely begleitet darin die schwäbelnden Außendienstler des deutschen Staubsaugerunternehmens Vorwerk auf ihren Touren durch deutsche Haushalte.
»Glühwein, Wurst und Sauerkraut, sun and sangria, we’re speeding on a speedboat, we’re heading off to Shangri-La«, heißt es in dem Song »The Schlager Hitparade« auf dem neuen Album der Pet Shop Boys, »Nonetheless« – dem besten seit »Yes« von 2009. »The future is forever. Let’s not dwell on the past, Gesundheit to Europa! Let’s hope it’s gonna last«, singt das britische Elektropop-Duo weiter über seine deutschen Schlagerfreunde mit ihrem Holzkohlegrill samt selbst zusammengeschweißter Gewürzketchup-Halterung. Schließlich bleibt die generische Gute-Laune-Musik bis auf weiteres der bewährte Wohlstandsmotor-Soundtrack für die Anhängerschaft von Union bis AfD. Ein kollektiver Alptraum in C-Dur.
Vom deutschen Schlager zum deutschen Staubsauger: Endlich kommt der irrwitzige Dokumentarfilm »Die Blume der Hausfrau« aus dem Jahre 1998 wieder in die Kinos. Dominik Wessely begleitet darin die schwäbelnden Außendienstler des berühmten deutschen Staubsaugerunternehmens Vorwerk, das heute die Welt mit der einzigartigen und vielkopierten Küchenkoch- und Backmaschine Thermomix beglückt, auf ihren Touren durch deutsche Haushalte. Wer sich die Absurdität des menschlichen Daseins noch einmal vor Augen führen möchte, dem sei der Gang ins Kino empfohlen.
Die war auch dem Schriftsteller Paul Auster, der vorige Woche verstorben ist, alles andere als unbekannt. Die Launenhaftigkeit des Schicksals erfuhr er oft genug am eigenen Leib; so überlebte er als Kind ein Gewitter, während ein Junge direkt neben ihm tödlich vom Blitz getroffen wurde. Schreiben wurde für den Virtuosen der Selbstreflexion, der sich auch immer wieder politisch einmischte, zu »einer Frage des Überlebens«.
Farewell, Paul Auster. Seine abgründigen literarischen Alter Egos werden bleiben.
Popkolumne in „Jungle World“ vo Mai 2024