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Foto (c) 2017 Constantin Film Verleih GmbH

Frei wie der Ostwind

„Man muss nicht da sein, um da zu sein“, sagt Milan, der bereits bei „Ostwind 2“ Mikas Herz höher schlagen ließ, zu seiner Freundin. Also macht sich Mika im dritten Teil ohne ihn auf die Suche nach der Familie Ostwinds, die sie in Andalusien vermutet. Denn mit ihrer besonderen Gabe spürt sie, dass ihr sensibler und willensstarker Rappe einsam ist und womöglich die Seinen vermisst. Ganz schön mutig von Regisseurin Katja von Garnier, auch noch diese dritte Geschichte der beliebten Ostwind-Saga von Carola Wimmer zu verfilmen: Musste sie mit Hilfe der begnadeten Pferdetrainerin Kenzie Dysli im ersten Teil nur ein Pferd in Szene setzen, waren es beim zweiten Teil schon doppelt so viele. Im dritten nun wartet sie mit beeindruckenden und berührenden Bilder einer ganzen Herde auf.

Zu Beginn langweilt sich Mika, die wieder sympathisch und solide von der mittlerweile 17-jährigen Hanna Binke gespielt wird, auf Gut Kaltenbach. Als berühmt gewordene Pferdeflüsterin soll sie unsensiblen Pferdebesitzern Tipps für den Umgang mit ihrem „Problempferd“ geben. Dabei liegt der Grund für die Bockigkeit der Gäule immer an ihren Besitzern, die die Bedürfnisse ihrer Pferde einfach ignorieren! Das könnte Mika nie passieren. So vertraut sie dem Rat ihres Freundes Milan, der wieder zuckersüß von Jannis Niewöhner verkörpert wird, und sucht gemeinsam mit Ostwind das Land seiner Vorfahren auf. Das spanische Provinzstädtchen, in das sie reisen, liegt in der Nähe der magisch-schönen Wasserquelle Ora – von der Mika Nacht für Nacht träumt.

Auf der Hacienda des unnahbaren Pedro (Thomas Sarbacher), dessen Pferde das gleiche Brandzeichen wie Ostwind tragen, lernt Mika auch dessen Schwester kennen, eine klischeehaft angelegte Pferdeflüsterin, die Nicolette Krebitz leider auch nicht glaubwürdig zum Leben erwecken weiß. Jene Tara lebt zurückgezogen mit Ostwinds Wildpferde-Familie auf der verfallenen Farm ihrer Großeltern und ist mit ihrem geschäftstüchtigen Bruder verfeindet. Der verkauft zu allem Übel aus Geldnot dann auch noch die idyllische Wasserquelle, ohne die die Wildpferde nicht überleben können. Zum Glück hat Mika die rettende Idee: Wie wäre es denn, wenn man das legendäre Pferderennen von Ora wieder ins Leben rufen würde und so die Heimat Ostwinds als Weltkulturerbe schützen könnte?

Dass der dritte Teil der Saga nun größtenteils in einer traumhaften Landschaft spielt, die von Kameramann Florian Emmerich gekonnt in Szene gesetzt wurde, erweist sich als ein echtes Geschenk. Das Ostwind-Erfolgsteam, zu dem auch wieder Drehbuchautorin Lea Schmidbauer gehört, kann dieser recht simplen und vorhersehbaren Geschichte dadurch doch noch eine neue Seite abgewinnen. Zumindest Pferdefreunde kommen so auf jeden Fall voll auf ihre Kosten: Wenn Mika wieder einmal in Slow Motion durch die südspanische Steppe reitet oder mit den Wildpferden tanzt, dann ist das zwar dick aufgetragen, lässt aber dennoch heimlich alle kleinen und großen Pferdemädchenherzen höher schlagen.

Insgesamt hätte man sich allerdings einen etwas zurückhaltenderen Einsatz des Soundtracks von Annette Focks gewünscht. Aber das ist nun einmal nicht die Art von Katja von Garnier, die zwischenzeitlich immerhin die Scorpions-Doku „Forever and a Day“ drehte. Und ganz am Ende der Saga muss Mika eine schwere Entscheidung treffen, in der das wahre Wesen der Liebe wunderbar poetisch zum Tragen kommt.

Nordbuzz / Juli 2017