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Ziemlich amerikanisches Märchen
Acht Jahre nach dem Erfolg von „Ziemlich beste Freunde“ kommt jetzt das US-Remake in die Kinos. Bei „Mein Bester & Ich“ ist allerdings nicht nur der Titel gewöhnungsbedürftig.
Die französische Tragikomödie „Ziemlich beste Freunde““ wurde 2011 völlig überraschend zum Kassenschlager. Allein in Deutschland lockte der Film neun Millionen Zuschauer in die Kinos, es folgten Remakes in Indien („Oopiri“) und Spanien („Inseparables“). Es war also nur eine Frage der Zeit, bis Hollywood den Film für sich entdecken würde. Dennoch dauerte es, bis die Neuverfilmung „The Upside“ von Neil Burger in die Gänge kam.
Als der Film dann endlich fertig war, ging die produzierende Weinstein Company pleite. Deshalb kommt das Remake um einen querschnittgelähmten, stinkreichen Mann und seinen kleinkriminellen schwarzen Pfleger, das noch loser als sein Vorgänger auf der Autobiografie von Philippe Pozzo di Borgo beruht, erst über ein Jahr nach seiner Premiere in die Kinos – unter dem etwas ungelenken Titel „Mein Bester & Ich“.
Der Film beginnt, wie das französische Original, mit einer wilden Autoverfolgungsjagd, die sich ein Schwarzer und sein querschnittgelähmter Beifahrer mit der Polizei liefern. Lediglich der Austragungsort ist ein anderer: Statt durch Paris rasen die beiden durch New York. Dann springt auch diese Version sechs Monate zurück und zeigt, wie Dell Scott (Kevin Hart) sich in dem eng an der Erfolgsvorlage klebenden Film bei Phillip Lacasse (Bryan Cranston, „Breaking Bad“) pro forma als Pfleger vorstellt. Eigentlich will Dell von Phillip nur eine Unterschrift, um seiner Bewährungshelferin nachzuweisen, dass er fleißig auf Arbeitssuche war.
Wider Erwarten findet Phillip aber Gefallen an dem Großmaul aus der Bronx, einem Menschen, der ihm unbewusst auf Augenhöhe begegnet. Seine reizende Assistentin Yvonne (Nicole Kidman) ist anfangs zutiefst entsetzt über den ungebildeten Schwarzen. Phillip entschließt sich dennoch, Dell die sehr gut bezahlte Stelle als sein persönlicher Rund-um-die-Uhr-Pfleger anzubieten. Der vorbestrafte Schwarze nimmt den Job letztlich an, denn seine Ex-Frau hat ihn soeben aus der gemeinsamen Wohnung geworfen, und sein Ansehen bei seinem kleinen Sohn befindet sich auch auf dem Tiefpunkt.
„Bist du wirklich so reich wie Jay-Z?“, fragt der offenherzige Dell schon bald seinen Arbeitgeber Phillip, dem er immer näher kommt. „Reicher“, antwortet dieser schmunzelnd. Keine Frage, an Humor fehlt es dem Remake nicht. Allerdings gibt es immer wieder auch Ausrutscher nach unten, wie beispielsweise eine schier endlose Szene, in der Dell sich sträubt, seinem Chef den Katheter zu wechseln und das Wort „Penis“ auszusprechen. Drehbuchautor Jon Hartmere zielt mit seinem Witz unterhalb der Gürtellinie wohl eher auf prüde amerikanische Zuschauer ab, ruft beim europäischen Publikum aber kaum mehr als ein müdes Grinsen hervor. Alles in allem stimmt im Remake die Chemie zwischen Hart und Cranston, sie reicht aber bei Weitem nicht an die Funken heran, die zwischen der Charmeoffenbarung Omar Sy und François Cluzet sprühten.
Der meiste Zauber geht dadurch flöten, dass Dell letztlich seinen kleinen amerikanischen Traum leben darf. So verkauft er ein selbstgemaltes Bild – mithilfe seines gewieften Chefs – für wesentlich mehr Geld als noch im Originalfilm und gründet damit am Ende seine eigene kleine Firma, die auf schnelle Rollstühle spezialisiert ist. Seiner klugen Ex-Frau und seinem Sohn – selbstverständlich ein Einser-Schüler – mietet er ein anständiges Reihenhaus in einer properen Gegend. So wirkt der Film am Ende wie ein typisch amerikanisches Märchen.
Dem Publikum scheint das zu gefallen: In den USA spielte „Mein Bester & Ich“ längst ein Vielfaches seiner Produktionskosten ein.
„Mein Bester & Ich“ in prisma von Februar 2019