Foto (c) 2017 Claudette Barius / Studiocanal GmbH / Fingerprint Releasing
Soderbergh’s Six
Oscargewinner Steven Soderbergh ist zurück im Kino mit einer doppelbödigen Hommage an das Heist-Film-Genre.
Als er vor vier Jahren für „Liberace“ keine Verleihfirma fand, weil die Hollywood-Studios das Künstler-Biopic für „zu schwul“ befanden, hatte Steven Soderbergh dem Kino eigentlich lauthals abgeschworen. Für immer. Dann jedoch kam er auf die Idee, seine nächste Produktion, den Gaunerfilm „Logan Lucky“, mit dem Vorverkauf der Verleih- und Home-Entertainment-Rechte zu finanzieren. Damit schlug der eigenwillige Regisseur den Hollywood-Bossen ein schönes Schnippchen – ganz so wie die vom „Ocean’s Eleven“-Macher bevorzugten Helden. Seiner fantastischen Schauspielerriege merkt man die Unabhängigkeit und Begeisterung während der Dreharbeiten an, allen voran Bond-Darsteller Daniel Craig, den Soderbergh zum Brüllen komisch gegen den Strich als blondierten Tresorknacker mit Familiensinn besetzt.
Spitzbube Soderbergh, der unter seinem Pseudonym Peter Andrews auch wieder einmal die Kameraarbeit übernahm, schreibt das pfiffige Drehbuch zu „Logan Lucky“ einer gewissen Rebecca Blunt zu. Da die in Hollywood jedoch bislang noch nie in Erscheinung trat, ist sich die Branchenpresse sicher: Rebecca Blunt ist ebenfalls ein Pseudonym, wenn nicht für Soderbergh selbst, dann für seine Frau Jules Asner.
Doch der smarte Jimmy hat einen Plan, wie sie ihr Blatt endlich wenden könnten: Bei einem Job am unterirdischen Geldtunnelsystem der NASCAR-Rennstrecke sind ihm vorübergehende Sicherheitslücken aufgefallen. Nun gedenkt er gemeinsam mit seinem Bruder Clyde und seiner Schwester Mellie (Elvis Presleys Enkeltochter Riley Keough), die eine rasante Autofahrerin ist, dort während eines Rennens einzubrechen. Es gibt nur noch ein Problem aus dem Weg zu räumen: Der Tresorknacker Joe Bang (Craig), den sie dafür benötigen, sitzt zurzeit leider noch im Gefängnis.
Doch Soderbergh schaut mitnichten auf die von der Gesellschaft abgehängten Hinterwäldler herab. Geschickt streut er berührende Hintergrundinformationen über die Südstaatler ein, bei denen John Denver’s Hymne „Take Me Home, Country Roads“ eine berührend-tragende Rolle spielt. Selbst die weiblichen Nebenfiguren, die wie so häufig bei Soderbergh nicht besonders viel Spielzeit bekommen, sind recht vielschichtig gezeichnet.
Nach und nach mausert sich der Film zur Robin-Hood-Geschichte, die zwar nur bedingt spannend, dafür aber wunderbar doppelbödig und witzig ist. Lediglich die von Hillary Swank gespielte FBI-Agentin bleibt hinter ihrem Potenzial zurück, sorgt aber immerhin dafür, dass der Filmemacher sich eine mögliche Fortsetzung von diesem „Soderbergh’s Six“ offen hält, was nicht nur Fans dieses Subgenres schwer begeistern dürfte.
Weser Kurier / Sept. 2017