Foto (c) 2017 Martin Menke / Warner Bros. Pictures / Heimatfilm
Luxus-Seifenoper in New York
Margarethe von Trottas Komödie „Forget about Nick“ fehlt es an Leichtigkeit, Tiefe und Glaubwürdigkeit.
Margarethe von Trotta, Spezialistin für Biopics um bedeutende historische Frauenpersönlichkeiten wie Rosa Luxemburg, Hildegard von Bingen und zuletzt Hannah Arendt, hat sich mit „Forget about Nick“ an eine Komödie herangewagt, in der es leider nur sehr wenig zu lachen gibt. Dabei hat sich die Regisseurin mit Katja Riemann, mit der sie schon des Öfteren zusammenarbeitete, ein großes komödiantisches Talent an ihre Seite geholt. Doch dem Drehbuch, das von Trottas Stammautorin Pamela Katz verfasste, mangelt es an einer glaubwürdigen Geschichte, an ausgereiften Charakteren, an Tempo, dem richtigen Timing und schlichtweg an guten Gags. Und dann ist da noch die Synchronisation.
Ja, die Synchronisation. Denn die Regisseurin hat ihre kammerspielartige Möchtegern-Screwball-Comedy um zwei Frauen, die sich gezwungenermaßen das Luxus-Appartement ihres Ex- Mannes teilen müssen, auf Englisch gedreht. Mit dem Ergebnis, dass nun weder das Original noch die übersetzte Fassung überzeugen: Zu perfekt haben Riemann und ihre norwegische Kollegin Ingrid Bolsø Berdal („Westworld“) ihre komplexen englischen Sätze auswendig gelernt, die deutsche Synchronisation dagegen sitzt einfach nicht.
Dabei haben sich die beiden Frauenfiguren viel zu sagen beziehungsweise an den Kopf zu werfen: Da ist zum einen das 40-jährige Ex-Model Jade (Berdal), deren titelgebender Volltrottel von einem Mann, Nick (Haluk Bilginer), sie soeben für die halb so alte Kollegin Caroline verlassen hat. Diese wird von Katja Riemanns Tochter Paula gespielt, was Anlass für einen der besten Witze der Komödie ist: Jade stellt im Laufe des Films einmal fest, dass Caroline aussieht wie Nicks erste Ehefrau Maria (Riemann), als sie jung war.
Die Germanistin war Jades Vorgängerin und hat mit Nick sogar eine gemeinsame Tochter. Weil sich der 60-jährige Unsympath, der nur wenig Leinwandzeit bekommt, nie um selbige kümmerte, musste die alleinerziehende Maria ihre Karriere hintanstellen. Nun ist die Blondine nach New York gekommen, um das halbe Luxus-Loft, das der Doppel-Ex sowohl ihr als auch Jade zu gleichen Teilen zugedacht hat, in Besitz zu nehmen.
Jade ist natürlich alles andere als begeistert darüber, hofft sie doch, dass Nick zu ihr zurückkommt. Außerdem hat sie genug Arbeit mit ihrer ambitionierten ersten Modekollektion für reifere Frauen, die dem Jugendwahn der Modemacher etwas entgegensetzen soll. Dennoch ernährt sie selbst sich ausschließlich von Diätwahnzeugs, während die lässige Katja den Kühlschrank mit kalorienreichen Leckereien vollstopft und obendrein noch täglich einen sündhaft leckeren Kuchen backt, dem Jade oft nicht widerstehen kann.
Immer wieder kriegen sich die beiden Zwangs-WG’lerinnen in die Wolle, zum Beispiel über die Ästhetik eines Gemäldes, das im gemeinsamen Wohnbereich der beiden hängt und beste Chancen hat, den Preis für den nervigsten Running Gag der Filmgeschichte zu gewinnen: Maria findet es scheußlich und lässt es immer wieder in Jades Etage hoch verfrachten, worauf diese es dann wieder an alter Stelle platzieren lässt. Dennoch gelingt es den beiden Hauptdarstellerinnen, so viel eben geht aus derart zähen Szenen herauszuholen.
Weil nicht viel mehr passiert, als dass Maria das Loft partout nicht verkaufen will und das gemeinsame Essen dreist auf Jades kostbaren Dekotellern serviert, muss in der Mitte des Films noch etwas geschehen. Also rauscht Marias Tochter, Hobby-Parfümeurin Antonia (Tinka Fürst) an, die dann prompt einen Duft für Jades Modelinie kreieren darf. Das Produkt nennen die beiden plakativ Feminista, doch wirklich feministisch kommt einem die edle Pseudo-Komödie wahrlich nicht vor.
Allein schon die Grundsituation, dass ein unsympathischer Ex-Mann seine abgelegten Ex-Frauen quasi zwingt, sich fortan sein Luxusloft zu teilen, hat wahrlich keinen emanzipatorischen Ansatz. Letztlich geht es nur um hanebüchen wirkende, überlang ausgebreitete Probleme in der Upper-Class-Gesellschaft eines künstlich wirkenden New Yorks. In all diesen Dingen ist von Trottas Werk dem jüngsten Film ihres Ex-Mannes Volker Schlöndorff gar nicht unähnlich. In dessen Luxus-Seifenoper „Rückkehr nach Montauk“ drehte sich schließlich auch alles um einen verabscheuungswürdigen männlichen Feigling.
Stimme / Dez. 2017