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Foto: (c) Concorde / Christian Hartmann

Schreckies reloaded

“Wir sind nicht auf dieser Welt, um so zu sein, wie es anderen gefällt”- mit diesem deutschen HipHop-Song eröffnet Regisseur Ralf Huettner (“Vincent will meer”) seine filmische Adaption der beliebten alten “Burg Schreckenstein”-Geschichten von Oliver Hassencamp. Der eingängige Rap stammt aus der Feder von Peter Plate und Ulf Sommer, den ehemaligen Rosenstolz-Komponisten, die mit ihren Liedern maßgeblich an dem großen Erfolg der “Bibi und Tina”-Verfilmungen von Detlev Buck beteiligt war. Beeindruckend, wie das Komponistenduo den Nerv der Acht- bis Zwölfjährigen heute trifft. Ebenso geschickt und zielsicher schält Regisseur Huettner zeitlose Themen heranwachsender Teenager – wie Freundschaft, Solidarität und das Dauerthema Jungs gegen Mädchen – aus dem angestaubten Stoff um ein Jungeninternat mit strengem Ritterkodex.

Für den elfjährigen Stephan (Maurizio Magno) läuft es gerade nicht rund: Seine schulischen Leistungen lassen mehr als zu wünschen übrig, außerdem befinden sich seine Eltern gerade in einer schwierigen Trennungsphase. Also soll der renitente Skateboarder, der in einer originellen Tricksequenz eingeführt wird, aufs Jungeninternat Burg Schreckenstein. Natürlich ist Stephan davon alles andere als begeistert. Schließlich darf man dort noch nicht einmal Handys haben – ein geschickter Kniff des Drehbuchautors Christian Limmer, der somit vermeidet, dass man ständig Teenies beim Rumdaddeln auf ihren Smartphones zuschauen muss.

Glücklicherweise scheint der Schulleiter Rex (Henning Baum), den Stephans Mutter Melanie (Jana Pallaske) noch von früher kennt, ansonsten ganz in Ordnung zu sein. Außerdem nehmen – nach anfänglichen Schwierigkeiten – Stephans Zimmergenossen Ottokar (Benedict Glöckle), Mücke (Caspar Krzysch), Strehlau (Eloi Christ) und Dampfwalze (Chieloka Nwokolo) ihn sogar in ihren Rittergeheimbund auf.

Die edlen Verschwörer befindet sich auf Dauerkriegsfuß mit den Mädchen vom vornehmen Internat Schloss Rosenfels auf der anderen Seite des Sees. Bei ihren übermütigen Streichen gegen die Mädels kommt neben einer Schar lebender Hühner sogar eine selbstgebastelte Drohne zum Einsatz. Mädcheninternatsleiterin Frau Dr. Horn (Sophie Rois), eiserne Verfechterin von Zucht und Ordnung, ist entsetzt! Wie dumm, dass ihre Mädchen ausgerechnet zum alljährlichen Burgfest ein paar Tage auf Burg Schreckenstein unterschlüpfen müssen …

Herrlich überdreht zieht Rois alle Register ihres Könnens, wenn sie als neurotische Schreckschraube wieder und wieder mit dem liberalen Schulleiter von Schreckenstein zusammenprallt. Auch Talkshow-König Harald Schmidt als verzottelter Graf Schreckenstein, der wie ein Gespenst im Schloss seiner Ahnen herumgeistert, vermag mit seinen schrägen Kurzauftritten – vermutlich vor allem erwachsene Begleiter – zu begeistern. Zudem agieren die jugendlichen Schauspieler, zwischen denen die Chemie einfach stimmt, angenehm natürlich und tragen so zum ganz eigenen, überaus charmanten Grundton der Abenteuerkomödie bei.

Zugleich altmodisch und up to date, ein wenig anarchisch, temporeich und witzig kommt Huettners Verfilmung von “Burg Schreckenstein” daher – und macht damit große Lust auf eine Fortsetzung.

Weser Kurier / Okt. 2016