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Foto: (c) 2014 DCM

Das Leben ist kein Ponyhof – oder doch?

In Detlev Bucks überdreht-romantischem Teenie-Abenteuer-Musical „Bibi und Tina – Voll verhext“ ist die Welt wieder einmal auf den Kopf gestellt und letzten Endes wunderbar in Ordnung …

Eltern von Mädchen im pferdebegeisterten Alter können die eingängigen Lieder aus Detlevs Buck erster, überaus erfolgreicher Verfilmung von „Bibi und Tina“ sicher schon mitsingen. Im Gegensatz zu dem, was sonst lautstark aus den Kinderzimmern an musikalischer Kost dringt, konnten sich die Erziehungsberechtigten über diese Popsongs nicht beklagen: Die Lieder, die Ex-Rosenstolz-Mitglied Peter Plate zusammen mit Ulf Leo Sommer und Daniel Faust geschrieben hat, besitzen Herz und hier und da auch anarchistischen Witz. So durfte man gespannt sein, was das Songschreiber-Team für „Bibi und Tina – Voll verhext“ zustande bringen würde, der dem im März erschienenen ersten Teil hinterhergaloppiert …

Um es vorwegzunehmen: Nicht alle Songs sind so gut gelungen und eingängig wie im ersten Teil. Auch die von Detlev Buck und Bettina Börgerding ersponnene Geschichte wirkt nicht so homogen, sondern eher etwas zu hektisch übers Knie gebrochen. Dafür bietet der Fortsetzungsfilm mehr Tempo, mehr Romantik, eine hinreißende Kommissarin und viel mehr Hexerei.

Gleich mit dem Wiederhören des Eröffnungsohrwurms aus dem ersten Teil, „Hufe klappern, Pferde traben“, ist man erneut mittendrin in der quietschbunten Welt von Bibi und Tina, die wieder überzeugend von den mittlerweile 17-jährigen Darstellerinnen Lina Larissa Strahl und Lisa Marie Koroll verkörpert werden. In diesem sonnendurchfluteten, überdrehten Kosmos scheint alles möglich: Das alljährliche Kostümfest auf Schloss Falkenstein steht ins Haus, doch während Bibi sich und ihrer Busenfreundin noch probeweise Kostüme hext, wird bei dem Grafen Falko von Falkenstein (Michael Maertens) eingebrochen. Alle wertvollen Gemälde und seine kostbare Monokelsammlung sind weg!

Das ruft die umwerfende Chefermittlerin Greta Müller (Mavie Hörbiger) auf den Plan, die den Vergleich mit Uma Thurman in „Kill Bill“ kaum zu scheuen braucht. Der Kommissarin mit der ungeheuer hohen Aufklärungsquote gehört dann auch gleich eine der stärksten Nummern dieses Teenie-Crime-Musicals: Wenn die Vollblutermittlerin ihren coolen Song „98 Prozent“ performt, hat Buck die verdutzten Zuschauer erst einmal zu hundert Prozent wieder auf seiner Seite.

Doch es gibt in diesem temporeichen Film noch weitere Probleme: Auf dem Martinshof bleiben die Feriengäste aus, die beiden gewitzten Pferdenärrinnen lassen sich daraufhin ein „360 Grad Marketing“-Konzept einfallen. Dadurch lernen die beiden Tarik Schmüll (Emilio Moutaoukkil) kennen, der mit seinen vier anarchischen Halbgeschwistern in einem Wohnwagen haust. Bibis Herz – und auch das vieler Teenagerinnen – macht einen Sprung, so wie das der erwachsenen Zuschauerinnen in den 80-ern wild zu pochen begann, als die Hauptdarstellerin Sophie Marceau den schnuckeligen Mathieu in „La Boum – die Fete“ kennenlernte. Was Bibi nicht ahnt: Die Schmülls sind in die kriminellen Machenschaften des Hehlers Angus Naughty (Olli Schulz in seiner ersten Kinorolle) verstrickt …

Auch wenn einige nicht so gelungene Szenen so wirken, als seien sie nur eilig dem bewährten Erfolgsrezept beigemischt worden, weiß Buck sein Publikum trotzdem zu verzaubern: Mit prächtig absurden Zeitlupenszenen etwa, für die wohl die Sergio-Leone-Western Pate standen. Also Schwamm drüber über Frau Martins (Winnie Böwe) furchtbaren Backsong „Hau N Ei Rein“: In Bibis und Tinas Welt ist das Leben letzten Endes eben doch noch ein Ponyhof.

Stimme / Dez. 2014