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Foto: (c) DCM

Alles geht!

Jeder, der selbst Töchter hat – und Regisseur Detlev Buck hat gleich drei – erwischt sich irgendwann dabei, wie er in der Badewanne oder im Auto unfreiwillig die Erkennungsmelodie der seit über 20 Jahren erfolgreichen Serie „Bibi & Tina“ trällert. Buck („Hände weg von Mississippi“, „Die Vermessung der Welt“) scheint dem spröden Charme der Abenteuer von Junghexe Bibi und ihrer Freundin Tina sowie ihren Pferden Amadeus und Sabrina nun vollends erlegen zu sein und hat die Buch-, Hörspiel-, Comic- und TV-Serie erstmals auf die große Kinoleinwand gebracht.

„Bibi & Tina“, anders könnte das poppig bunte Gute-Laune-Spektakel gar nicht heißen, denn was der Zuschauer dargeboten bekommt, ist ein sehr origineller, zeitgemäßer Extrakt aus allen bisherigen „Bibi & Tina“-Geschichten – gewürzt mit einer ordentlichen Prise Buckschem Humor und, völlig unerwartet, sehr viel Musik. Ex-Rosenstolz-Sänger Peter Plate zeichnet hauptverantwortlich für die schmissigen, zum Teil sehr witzigen Lieder, die die einzelnen Darsteller jeweils charakterisieren. Das Erstaunen des unbedarften Kinogängers könnte größer nicht sein, wenn gleich zu Beginn des Films Tinas älterer Bruder Holger (Fabian Buch) – bei Buck der heiße Mädchenschwarm-Typ im lässig aufgeknöpften Hemd – auf die Veranda des Martinshofs tritt und mit seinem Song „Alles geht“ das nun folgende Kinovergnügen einleitet.

Es sind wieder einmal Sommerferien auf dem Martinshof. Die vorlaute Bibi, hervorragend besetzt mit der KI.KA-Castingshow-Gewinnerin Lina Larissa Stahl, und ihre Freundin Tina (Lisa-Marie Koroll) wollen eigentlich nur für das bevorstehende internationale Pferderennen auf Schloss Falkenstein trainieren. Doch Falko von Falkenstein (Michael Maertens) hat auch die herrlich zickige Sophia von Gelenberg (Ruby O. Fee) eingeladen, die ihnen einen Strich durch die Rechnung macht: Sie soll den Sohn des Grafen, Tinas Freund Alex (Louis Held), dazu überreden, auch auf ihr englisches Nobel-Internat zu gehen.

Und dann ist da noch der neureiche Pferdezüchter Herr Kakmann – Bucks Humor muss man mögen – der seine Pferde skrupellos dopt und es ausgerechnet auf Bibi und Tinas Lieblingsfohlen Sokrates, genannt Socke, abgesehen hat. Für „Polizeiruf 110“-Ermittler Charly Hübner scheint der Erz-Bösewicht eine willkommene Abwechslung im Schauspieleralltag gewesen zu sein, derart enthusiastisch spielt er den fiesen Geldsack, der auch gerne mal wie Dagobert Duck in seinen Scheinchen badet.

Und noch ein Besetzungscoup ist Buck, der selbst auch ein paar Kurzauftritte als Tierarzt hat, gelungen: „Fack ju Göthe“-Star Max von der Groeben bringt als mehr auf motorisierte Pferdestärken „abfahrender“ Schmied-Lehrling Freddy noch einmal ordentlich Schwung in die Geschichte, die in den Szenen zwischen den zahlreichen Musicalnummern teilweise zu erlahmen droht. Wenn er „Für dich fall‘ ich vom Pferd, sauf dein Badewasser leer / ich bau‘ dir ein Schloss aus Sand und hör‘ mir Justin Bieber an“ singt, ist die Welt für moderne Mädchen ab acht wieder in Ordnung.

Wer sich also entscheidet, mit seinen Kindern den Film zu besuchen, sollte vorher die möglicherweise angestaubten Kassetten aus der Leihbibliothek wegpacken und sich für eine sehr eigenwillige zeitgemäße Interpretation um Freundschaft, Liebe und ein klein wenig Hexerei öffnen …

Gabriele Summen

 

„Bibi & Tina – der Film“ in Radio Berg von März 2014