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Foto (c) Tom Trambow / Warner Bros. Entertainment

Ein Hund für alle Fälle 

„Lassie – Eine abenteuerliche Reise“ verlegt die Geschichte um die legendäre Collie-Dame und ihr junges Herrchen nach Deutschland. Leider kein Grund, vor Freude loszubellen.

„Lassie“ gehört für viele zu Amerika wie Pick-ups und Popcorn. Grund dafür ist vermutlich die äußerst langlebige Serie um Farmersohn Timmy Martin und seine vierbeinige Gefährtin, die ihm dauernd das Leben rettete. Die 19 Staffeln spielten vorwiegend in den USA und wurden von 1954 bis 1973 in die ganze Welt exportiert. Doch nicht alle wissen, dass es sich bei der populären Hundedame eigentlich um die Schöpfung eines britischen Schriftstellers handelt und die ursprüngliche Geschichte dementsprechend im nordenglischen Yorkshire und Schottland angesiedelt ist. Auch die erste Verfilmung von Eric Knights Roman „Lassie Come Home“, „Heimweh“ von 1943, und die Fassung von 2005 spielen dort.

Regisseur Hanno Olderdissen („Wendy 2 – Freundschaft für immer“) und Produzent Henning Ferber („Rubbeldiekatz“) gefiel die Idee, die Hündin in ihrem modernisierten Remake „Lassie – Eine abenteuerliche Reise“ nicht nur zurück nach Europa, sondern erstmalig nach Deutschland zu holen. So stromert die heldenhafte Hundedame – die tatsächlich stets von einem Rüden gespielt wird, weil diese volleres Fell haben – nun von der Nordsee nach Süddeutschland. Natürlich macht sich auch wieder ihr Herrchen – dieses Mal mit Hilfe von Social-Media – auf die Suche nach seiner geliebten Hündin.

Statt seines Jobs in der Grube, wie im Original, verliert Andreas (Sebastian Bezzel), der Vater von Lassies Herrchen, seinen Job in einer Glasmanufaktur. Deshalb müssen sein Sohn Flo (Nico Marischka) und seine schwangere Frau Sandra (Anna Maria Mühe) in eine kleinere Wohnung ziehen, in der keine Hunde erlaubt sind. Während im Original der verarmte Vater sich gezwungen sieht, Lassie an einen kaltherzigen Herzog zu verkaufen, nimmt in der modernisierten Fassung sein gütiger Ex-Arbeitgeber Graf von Sprengel (Matthias Habich) Lassie in seine Obhut, bis Andreas eine neue Arbeit und eine neue Wohnung gefunden hat.

Anbiederung an die Generation Greta

Die ehemalige Rolle von Gutsbesitzer-Enkelin Priscilla, die in der Verfilmung von 1943 die zehnjährige Elisabeth Taylor spielte, übernimmt in der aktuellen Fassung Bella Bading. Die Jungschauspielerin hat eine gute Leinwandpräsenz, kann aber die arg konstruiert wirkende Geschichte und die blutleeren Dialoge auch nicht zum Leben erwecken. Besonders eine Szene, in der sie sich mit einer Bemerkung über die Klimaschädlichkeit des Wagens ihres Großvaters an die Generation Greta anbiedern muss, hat großes Fremdschäm-Potenzial. Der äußerst sympathisch wirkende Flo-Darsteller Nico Marischka macht dem unvergesslichen Timmy-Darsteller Jon Provost optisch durchaus Konkurrenz, spielt aber so zurückgenommen, dass man ihm seine enge Bindung zu Lassie kaum abnimmt.

Während der von Justus von Dohnányi verkörperte treue Butler des Grafen sich noch einigermaßen in die nach deutschem Schema F modernisierte Geschichte einfügt, ist die Figur des schurkischen Hausmeisters Hinz (Christoph Letkowski), der Lassie schlecht behandelt und später sogar einfangen und verkaufen will, einfach nur klamaukig und peinlich. Ebenso wie im Original reißt Lassie – dieses Mal von einer Nordseeinsel, auf die der Graf sie mitgenommen hat – aus, um ihr geliebtes Herrchen wiederzufinden, wodurch man immerhin in den Genuss einiger hübscher Landschaftsaufnahmen von Kameramann Martin Schlecht kommt.

Allerdings setzt er eine Episode von Lassies Wanderschaft, bei der sie ein Lämmchen vor dem bösen Wolf rettet, erschreckend undramatisch in Szene. Auch die stets großzügig eingesetzte, bombastische Musik vermag weder hier noch an anderer Stelle über fehlende Spannung und emotionalen Tiefgang hinwegtäuschen. Insgesamt fügt sich die leider wie eine TV-Seifenoper wirkende Geschichte leider nicht zu einem organischen Ganzen zusammen. Womöglich wäre Lassie in den romantischen Erinnerungen an die Kindheit vieler erwachsener Zuschauer am besten aufgehoben.

Mittelbayerische / Feb. 2020