Foto (c) Telepool
Die netten Reichen
Julianne Moores Ehemann Bart Freundlich hat ein Remake des dänischen Dramas „Nach der Hochzeit“ gedreht. Für seine Frau hat sogar die männliche Hauptrolle umgeschrieben. Geholfen hat das „After The Wedding“ nicht.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass es in Hollywood wenige interessante Drehbücher für Frauen jenseits der 50 gibt. So verwundert es auch nicht, dass Ausnahmetalent Julianne Moore 2019 bereits zum zweiten Mal in einem Remake eines europäischen Films zu sehen ist. In „Gloria – Das Leben wartet nicht„, der Neuauflage des Berlinale-Gewinners von 2013, die der chilenische Regisseur Sebastián Lelio gleich selbst noch einmal in Szene setzte, spielte sie die titelgebende alleinstehende Frau, die sich auf die Suche nach einem späten Liebesglück machte.
Nun hat sich Moores Ehemann Bart Freundlich („Lieber verliebt“) an das Remake des Dramas „Nach der Hochzeit“ von Susanne Bier gewagt, das 2007 für den Auslandsoscar nominiert wurde. Das dänische Originaldrehbuch, in dem zwei Männer die Hauptrollen spielen, schrieb er kurzerhand für zwei Schauspielerinnen um. Seiner wie immer umwerfenden Ehefrau gab er eine der Hauptrollen.
Julianne Moore, die den Film auch koproduzierte, spielt in „After The Wedding“ eine clevere Self-Made-Millionärin. Theresa hat ihre Gründe, warum sie einem Waisenhaus in Indien, das von der idealistischen Isabel (Michelle Williams) geführt wird, 20 Millionen Dollar spenden möchte. Das Drama beginnt im von Kameramann Julio Macat in warmen Farben eingefangenen Kalkutta, wo Isabel sich rührend um die Kinder ihres Waisenhauses kümmert. Allerdings fehlt es an allen Ecken und Enden an finanziellen Mitteln. So macht sie sich zähneknirschend auf den Weg nach New York, als sie erfährt, dass eine amerikanische Geschäftsfrau bereit ist, ihr Projekt mit einer mehr als großzügigen Summen zu unterstützen, wenn sie persönlich bei der Medienunternehmerin vorstellig wird.
Doch die als kurze Stippvisite in die Welt der Reichen geplante Reise weitet sich zu einem längeren Aufenthalt aus. Die kaltschnäuzige und manipulative Theresa rückt nicht gleich mit dem Geld heraus, sondern lädt Isabel zunächst zur Hochzeit ihrer Stieftochter Grace (Abby Quinn) ein. Dort trifft Isabel zu ihrer Überraschung auf Oscar (Billy Crudup), ihren Ex-Freund aus Studententagen, der nun der Ehemann von Isabel ist.
Von da an wächst sich der Film zu einer Art merkwürdig unterkühlter Seifenoper aus, die nur deshalb einigermaßen sehenswert ist, weil Julianne Moore und Michelle Williams ihre recht verschlossenen Charaktere mit Leben zu füllen wissen. Oscarpreisträgerin Moore lässt sich Zeit, die Risse in der Fassade der Figur der großkotzigen Neureichen spürbar zu machen. Die vierfach für den Oscar nominierte Williams spielt die inmitten der Überflussgesellschaft überforderte, jedoch für ihre Waisenkinder zu persönlichen Opfern bereite Isabel mit großem Nuancenreichtum.
Allerdings scheint Regisseur Bart Freundlich Angst davor zu haben, allzu große Emotionen zuzulassen. Denn immer, wenn man beginnt, mit den Frauen mitzufühlen, steigt er aus den Szenen aus. Sein männlicher Hauptcharakter, der liebende Ehemann und erfolgreiche Künstler Oscar, bekommt gleich so wenig Raum, dass seine Figur unglaubwürdig wirkt. So lassen die Hauptfiguren und Schicksale der Protagonisten in dem arg konstruiert wirkenden Plot letztlich kalt. Die Botschaft des Films scheint zu lauten: Die Superreichen sind gar nicht so übel, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Ob das wirklich beabsichtigt war?