Foto (c) Warner Bros. Entertainment 2019
Detektive für die Generation Like
Kinder lieben Detektivgeschichten mit jugendlichen Hauptfiguren. Seit Ende der 70er-Jahre sind TKKG Dauerbrenner. Rund 14 Millionen Bücher und mehr als 30 Millionen Hörspielkassetten wurden seither verkauft. Nicht wenige Menschen können auch im Erwachsenenalter nicht von den Helden ihrer Kindheit lassen. Grund genug, die Bücher von Rolf Kalmuczak und seinen Nachfolgern erneut zu verfilmen. Zuletzt schickte 2006 Tomy Wigand Anführer Tim, die Intelligenzbestie Karl, Schokoladenliebhaber Klößchen, Polizistentochter Gaby und Cockerspaniel Oskar auf Ermittlungstour. Nun nahm sich Robert Thalheim („Am Ende kommen die Touristen“) der Kultserie an.
„TKKG – Jede Legende hat ihren Anfang“ erzählt – wie der Titel bereits verrät – von den Anfängen der vier ungleichen Freunde. Hierzu lieferten die ersten drei Bücher der Reihe – „Die Jagd nach den Millionendieben“, „Der blinde Hellseher“ und „Das leere Grab im Moor“ – die grundlegenden Motive.
Der Film beginnt mit einer spektakulär fotografierten Eröffnungsszene, in der das mutige Mathegenie Tim (Ilyes Moutaoukkil) zu den poppigen Hip-Hop-Klängen der Berliner Band SDP vor der Polizei flieht. Der Schulmuffel und Graffiti-Sprayer entkommt nur knapp seinen Verfolgern, doch seine Mutter wartet bereits mit einer Überraschung auf ihn: Er hat ein Stipendium für das noble Internat Schloss Lauburg bekommen. Dort muss er sich mit Willi (Lorenzo Germeno), genannt Klößchen, ein Zimmer teilen, worüber beide anfangs nicht gerade begeistert sind. Doch als Klößchens Vater in Zusammenhang mit dem Raub einer wertvollen Statue entführt wird, ist Tim sofort bereit, ihm zu helfen. Schon bald unterstützen die Außenseiter Karl (Manuel Santos Gelke) und die clevere Gaby (Emma-Louise Schimpf) sie bei ihren Nachforschungen, in denen neben der asiatischen Statue ein Flugzeugabsturz, imposante Ninja-Kämpfer und eine geheime Botschaft des entführten Vaters eine wichtige Rolle spielen.
Alle Kinderrollen in diesem Film sind herausragend besetzt, so dass man sich auf die unvermeidlichen Fortsetzungen freuen darf. Fast spielen die Jungschauspieler erwachsene Darsteller wie Tom Schilling als Lehrer Pauling und Milan Peschel als mysteriöser, blinder Energie-Guru Raimundo mit ihrer authentischen Spielweise sogar an die Wand. Gabys Rolle wurde glücklicherweise von Drehbuchautor Peer Klehmet modernisiert: Sie ist jetzt nicht mehr das ängstliche, tierliebende Mädchen, das hoffnungslos in den starken Tim verknallt ist, sondern die mutige und selbstbewusste Tochter eines alleinerziehenden Polizisten – und ineinander verlieben tun sich beide auch ein bisschen. Anderen Figuren, inklusive der Bösewichte, bekommen ebenfalls mehr Hintergrundgeschichte und Tiefe zugestanden als in den doch recht klischeehaften Buchvorlagen.
Während die Handlung also sorgsam in die heutige Zeit verlegt wurde und die Kinder auch modernste Technik wie Drohnen und Smartphones bei ihren Ermittlungen nutzen, durchweht den Film dennoch der Wind der 80er-Jahre, in denen die Kultserie ihren Ursprung hatte. So sind Tim, Karl, Klößchen und Gaby wie in „E.T“ und „Stranger Things“ auf Bonanza-Rädern unterwegs, und Tim hört sogar Musik auf dem alten Walkman seines verstorbenen Vaters – ähnlich wie Star Lord in dem mit dem Retro-Charme der 80-er spielenden Film „Guardians of the Galaxy“. Auch die Kostüme erweisen der Zeit, aus der die Vorlage stammt, Respekt.
Der eigentliche Reiz der behutsam modernisierten Fassung liegt nicht in dem Fall, den die vier Nachwuchsdetektive zu lösen haben. Sondern darin, Zeuge zu werden, wie Freundschaften entstehen zwischen völlig unterschiedlichen Charakteren mit ihren Schwächen und Stärken. Keine unwichtige Lektion für die auf Perfektion getrimmten Kinder der Generation Like.