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Foto (c)  2018 PROKINO Filmverleih GmbH

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Schon wieder eine Nick-Hornby-Verfilmung: Die Romantikkomödie »Juliet, Naked« erzählt von einer Frau und zwei Männern.

Nacktszenen gibt es in der romantischen Komödie »Juliet, Naked« nicht, der Filmtitel bezieht sich vielmehr auf die ursprüngliche Version eines fiktiven, recht erfolgreichen Rockalbums. Nach »A long way down« ist dies nun die sechste filmische Adaption eines Bestsellers des Erfolgsautors und Musiknerds Nick Hornby, der einmal von sich behauptete, er schreibe Bücher, weil er keine Popsongs schreiben könne. Der ehemalige Bassist der Indierockgruppe Lemonheads, Jesse Peretz (»Our Idiot Brother«), verfilmte nun den Stoff um einen aufsteigenden Rockstar, der irgendwann urplötzlich von der Bildfläche verschwand, und die Schattenseiten des Fantums.

Chris O’ Dowd spielt den 40-jährigen, nie erwachsen gewordenen Musiknerd Duncan, der eine Fan-Webseite betreibt, die dem kargen musikalischen Vermächtnis des seit Jahren verschwundenen amerikanischen Rockmusikers Tucker Crowe huldigt. Rose Byrne verkörpert Duncans angenervte Lebensgefährtin Annie, die die Obsession ihres Freundes ertragen muss, und der für seine Rolle in dem Film »Boyhood« (2014) zu Recht für den Oscar nominierte Ethan Hawke gibt den abgehalfterten Musiker, der in der Versenkung verschwand. Zudem machten sich gleich drei Drehbuchautoren ans Werk, um diesen vielversprechenden Stoff in Szene zu setzen. Da kann nicht mehr so viel schief gehen, so möchte man meinen.

Während Annie in einem malerischen, englischen Provinzkaff ihr Dasein als Kuratorin eines Heimatmuseums fristet, kümmert sich ihr Partner Duncan, der so unsympathisch ist, dass man nicht einmal über ihn lachen mag, hauptsächlich um seine supernerdige Webseite. Eines Tages taucht die titelgebende, 25 Jahre alte Uraufnahme des legendären Tucker-Crowe-Albums »Juliet« auf und Duncan gerät vor Begeisterung völlig aus dem Häuschen. Seine frustrierte Frau jedoch schreibt aus Wut eine vernichtende Kritik auf Duncans Fanseite, der zurückgezogen lebende Crowe liest diese, gibt ihr Recht und beginnt eine E-Mail-Konversation mit ihr. So weit, so hanebüchen. Doch es kommt noch schlimmer, und das Geschehen entbehrt leider auch noch weitestgehend jeglicher Komik, die zumindest in Nick Hornbys Romanstoff angelegt ist.

Duncan betrügt seine Partnerin, und so hat diese endlich einen Grund, um ihn aus dem Haus zu schmeißen. Kurz darauf kommt Crowe, der bislang ein recht verantwortungsloses Leben geführt hat, nach England, um eines seiner fünf unehelichen Kinder zu besuchen. Bei der Gelegenheit trifft er sich auch mit seiner E-Mail-Konversationspartnerin Annie. Und obwohl die Hauptdarsteller sich alle Mühe geben, gelingt es ihnen nicht, ihrer erotischen Anziehung Glaubwürdigkeit zu verleihen. Kein Wunder, sind die Figuren doch erschreckend flach gezeichnet.

Natürlich kommt es auch zur Begegnung mit Annies Freund, dem Superfan Duncan, und es mussten schon besondere Fähigkeiten der Filmemacher im Spiel gewesen sein, als es ihnen gelang, auch diese Szene so zu inszenieren, dass man als Betrachter hochgradig gelangweilt ist.

Was ein herrlich böser Kommentar über besessene Fans, die Frage danach, wem ein Werk eigentlich gehört, sowie die Lebens- und Sinnkrisen von Vierzigjährigen hätte werden können, mündet in einem Potpourri der falschen Töne, das man sich nur deshalb bis zum Ende anschaut, weil die Hauptdarsteller bis zum Schluss tapfer darum kämpfen, dem Film eine Spur von Leben einzuhauchen.

„Juliet, Naked“ in nd von Nov. 2018