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Foto (c) 2017 Christian Hartmann / Concorde Filmverleih GmbH / Roxy Film

Verbotene Küsse und verborgene Schätze

Regisseur Ralf Huettner liefert mit seinem Burg-Schreckenstein-Sequel eine solide Fortsetzung des beliebten Jugendabenteuers ab.

Nach der überaus charmant modernisierten Verfilmung des ersten Burg-Schreckenstein-Abenteuers, das auf den ein wenig angestaubten Büchern von Oliver Hassencamp um ein Jungeninternat mit strengem Ritterkodex beruht, wagt Regisseur Ralf Huettner („Vincent will meer“) sich nun an eine Fortsetzung. Für „Burg Schreckenstein – Küssen (nicht) verboten“ konnte er glücklicherweise wieder dieselbe Darstellerriege versammeln, die schon im ersten Teil zu überzeugen wusste – allen voran die schauspielerische Naturgewalt Sophie Rois als unerbittlich strenge Frau Dr. Horn vom Nachbarinternat Rosenfels. Auch Drehbuchautor Christian Limmer ist wieder mit von der Partie und spann nach der Vorlage von Hassencamp eine recht spannende Geschichte um eine internatsübergreifende Schatzsuche – garniert mit ersten Schmetterlingen im Bauch.

Bei einem Ruderwettbewerb der „Schreckies“ gegen die „Hühner“ am Kappelsee, der von gegenseitigen Sabotageakten durchzogen ist, kommt es unter Wasser zum ersten Kuss. Doch bleibt keine Zeit, diese furchterregende Erfahrung zu verarbeiten, denn der Zeppelin des Grafen (Harald Schmidt) stürzt ab, und Herr Schreckenstein muss schwer verletzt ins Krankenhaus. Der vor dem finanziellen Ruin stehende Graf übergibt daraufhin das Zepter an seinen prolligen, entfernten Verwandten Kuno, der recht witzig und überzeugend, aber gelegentlich zu klamaukig von Uwe Ochsenknecht gespielt wird. Allerdings werden gerade Kuno auch jede Menge mäßig witzige Drehbuchzeilen wie „Kennen Sie doch Goethe – also den echten, nicht den von ‚Fack ju Göhte'“ in den Mund gelegt.

Schon bald sickert Kunos Plan durch, das Schloss an einen chinesischen Geschäftsmann zu verkaufen. Der wiederum will die komplette Burg Stein für Stein in einen Vergnügungspark in seiner Heimat umsiedeln. Was für eine schreckliche Vorstellung, die Huettner fantasievoll in Tagtraum-Sequenzen wiedergibt: So sieht sich beispielsweise der treue Diener Jean (Alexander Beyer) schon hinter Glas von Touristen wie ein Relikt aus einer anderen Zeit angestarrt. Die Schreckies hingegen fürchten, nach Schließung der Burg noch eine Weile gegenseitig SMS zu schreiben, bis sie dann allmählich den Kontakt zueinander verlieren.

Dabei verhält sich doch in der Realität alles ganz anders: Der gutmütige, aber durchsetzungsstarke Internatsleiter, der erneut überzeugend von Henning Baum verkörpert wird, verbietet Smartphones auf der Burg aus gutem Grund. Schließlich haben die modernen Ritter meist Wichtigeres zu tun, als online ihre Zeit zu verplempern. Dieses Mal müssen Stephan (Maurizio Magno), Ottokar (Benedict Glöckle), Mücke (Caspar Krzysch), Strehlau (Eloi Christ) und Dampfwalze (Chieloka Nwokolo) die Burg retten, indem sie einen Schatz ausfindig machen, der Gerüchten nach auf ihrer Schulburg versteckt sein soll. Doch leider führt eine heiße Spur – stets begleitet von der passablen Filmmusik von Andrej Melita und Bananafishbones-Gitarrist und Keyboarder Peter Horn – sie in die Bibliothek von Schloss Rosenfels …

Wer dem Charme der ersten Burg-Schreckenstein-Verfilmung erlegen ist, der wird also auch bei diesem Sequel um kostbare Bibeln und verbotene Küsse auf seine Kosten kommen.

Stimme / Nov. 2017