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Foto: (c) 2014 polyband Medien GmbH

Dina blickt durch

Fast jeder Mensch kennt aus seiner Kindheit noch das Gefühl, dass die Mutter einem direkt ins Herz und ins Gewissen schauen kann. Hatte man etwas ausgefressen, mied man Mutters durchdringenden Blick wie der Teufel das Weihwasser. Die Prämisse des Jugend-Fantasy-Franchisefilms „Die Hüterin der Wahrheit – Dinas Bestimmung“ von Kenneth Kainz ist ganz ähnlich gestrickt: Dem von der dänischen Erfolgsautorin Lene Kaaberbøl erdachten Mädchen Dina möchte auch niemand in die Augen schauen, denn sie hat die Gabe, anderen Menschen in die Seele zu blicken, woraufhin diese unerträgliche Scham für all ihre schlimmen oder wenig ruhmreichen Taten fühlen.

Diese Gabe hat die zunächst darüber recht unglückliche Dina, die glaubwürdig von Kinodebütantin Rebecca Emilie Sattrup verkörpert wird, von ihrer Mutter Melussina (Maria Bonnevie) geerbt. Im visuell sehr überzeugend in Szene gesetzten, finsteren Mittelalter müssen Mutter und Tochter, die als Hexen verschrien sind, mit Dinas beiden „normalen“ Geschwistern außerhalb des Dorfes leben. Doch eines Tages schickt der Gerichtsmeister nach Dinas Mutter: Der König des Reiches Dunark, seine schwangere Frau und sein kleiner Sohn wurden heimtückisch ermordet und der rechtmäßigen Thronfolger Prinz Nicodemus (Jakob Oftebro) steht unter dringendem Tatverdacht.

Der recht liebenswerte, aber charakterschwache Kronprinz bestreitet dies jedoch und Dinas Mutter soll nun als „Beschämerin“ die Wahrheit herausfinden. Doch obwohl Melussina etliche wenig ehrenvolle Geheimnisse aus Nicodemus hervorzulocken versteht, erkennt sie doch auch, dass er die Königsfamilie nicht ermordet hat. Dies passt dem machtlüsternen, unehelichen Sohn des Königs, dem zwielichtigen Drakhan (Peter Plaugborg), so gar nicht in den Kram, da er nach dem verhassten Halbbruder der nächste Anwärter auf den Thron wäre. Aus diesem Grund holt er eine zweite „Beschämerin“, Melussinas Tochter Dina, auf die Burg. Dort wird sie schon bald in seine finsteren Machenschaften verstrickt. Auch ein paar hübsch animierte Drachen, die im Verlies des Palastes hausen, leisten zu Drakhans düsteren Plänen ihren Beitrag.

Schon bald bekommt Dina Hilfe von einem Alchemisten, einer Heilerin und einer gleichaltrigen Freundin namens Rosa (Petra Maria Scott) – ein Mädchen, das erstaunlicherweise ihrem prüfenden Blick standhält, da es sich anscheinend für nichts zu schämen braucht. Gemeinsam muss der insgesamt sehr eindrucksvoll aufspielende Cast nun Dinas Mutter vor der Todesstrafe retten und Prinz Nicodemus in Sicherheit bringen. Eine Aufgabe, bei der Dina zu neuem Selbstbewusstsein heranreifen und ihre außergewöhnliche Gabe endlich voll akzeptieren muss.

Drehbuchautor Anders Thomas Jensen („Love Is All You Need“, „Men & Chicken“) hat aus der ideenreichen Vorlage ein spannendes, kindgerechtes Fantasy-Spektakel gestrickt, das den Vergleich mit den Harry-Potter-Verfilmungen nicht zu scheuen braucht. Nur eines stört an dem liebevoll umgesetzten Film: Er schielt allzu offensichtlich auf eine Fortsetzung und entlässt den Zuschauer deshalb mit einem recht unbefriedigenden Gefühl aus dem Lichtspielhaus.

msn / Feb. 2016