F

Foto: PR

Tot, aber unwiderstehlich

Auf den Plakaten zu “5 Zimmer Küche Sarg” sollte eigentlich ein Warnhinweis angebracht werden: Bevor man sich die gefährlich witzige Vampirkomödie ansieht, sollte man nämlich noch einmal nachschlagen, wie man bei “drohendem Erstickungstod durch Totlachen” seinem Kinositznachbarn Erste Hilfe leisten kann. Bereits 2005 setzten die beiden neuseeländischen Regisseure Taika Waititi und Jemaine Clement (“Flight of the Conchords”) an, eine Mockumentary über Vampire zu drehen – der Kurzfilm “What We Do In The Shadows” entstand. Zur diesjährigen Berlinale präsentierten sie nun einen kunstblutvollen Langfilm über eine Vierer-WG dieser unerforschten Spezies.

Die Grundidee, dass ein mit Kruzifixen bewaffnetes Kamerateam Zutritt zu einer Vampir-WG – dieses Mal im neuseeländischen Wellington – erhält, ist so neu nicht. Ein ähnliches Konzept lag der 2010 verfilmten Blutsauger-Reality-Soap “Vampire – Verstecken war gestern!” des belgischen Regisseurs Vincent Lannoo zugrunde. Doch in Sachen Humor geht die köstlich-komische Version von Waititi und Clement, die in vielen Momenten an den großartigen Humor der Monty-Python-Truppe erinnert, eindeutig als Sieger hervor.

Romantiker Viago ist das Herzstück der WG und des Films. Penibel wie er ist, achtet er darauf, dass der WG-Abwaschplan eingehalten wird und versucht selbst keine allzu großen Blutlachen zu verursachen, wenn er mal wieder eine Mahlzeit zu sich nehmen muss. In häufig mit wackelnder Handkamera gefilmten Aufnahmen oder kurzen, Reality-TV-Formate herrlich veralbernden Pseudo-Interviews bekommt man auch einen ersten Einblick in die gar nicht so unmenschlichen Persönlichkeiten und Macken der anderen WG-Mitglieder.

Während der folterkammer- und jungfrauenfixierten Vladislav seinen Stil als “tot, aber unwiderstehlich” bezeichnet, legt sich Badboy Deacon dagegen gerne mit anderen an, zum Beispiel mit den um Selbstbeherrschung ringenden Werwölfen. Trotz allem haben sich die verschrobenen Vampire über die Jahre einigermaßen zusammenraufen können – bis der Vierte im Bunde, Nosferatu-Verschnitt Petyr, den nervigen Hipster Nick (Cori Gonzalez-Macuer) zum Vampir macht.

Das liegt nicht nur an dem beißend komischen Drehbuch der Regisseure, sondern auch an den herausragenden, übrigens auch hervorragend synchronisierten Akteuren, die die schrulligen Vampire mit einer grandiosen Spielfreude verkörpern. Der Dandy-Vampir Viago (Regisseur Taika Waititi), der im Mittelalter aufgewachsene Vladislav (Co-Regisseur Jemaine Clement), der wilde Nazi-Vampir Deacon (Jonathan Brugh) und der mit 8.000 Jahren dienstälteste Blutsauger Petyr (Ben Fransham) wachsen dem Zuschauer rasch ans Herz, sodass er mehr und mehr in ihre abstruse Welt hineingesaugt wird.

Da Prahlhans Nick überall rumerzählt, dass er so ein Twilight-Typ von Vampir ist, bekommen sie bald Besuch von einem Vampirjäger. Um das Chaos perfekt zu machen, fordert Deacons menschliche Dienerin immer stärker ein, dass er sie endlich zum Vampir macht und Viago muss sich endlich entscheiden, ob er seine uralte Liebe Katherine, die bereits im Altersheim sitzt, weiter verfolgen will. Zu guter Letzt steht auch noch der alljährliche “Unheilige Maskenball” ins Haus, zu der auch “die Bestie”, die Erzfeindin von Vladislav erwartet wird.

Der Trailer dieses saukomischen Films kann nur einen schwachen Eindruck von dem geben, was den humorzugeneigten Zuschauer in den 85 Minuten Laufzeit der Komödie erwartet. Diese grandiose Komödie, die passenderweise nur einen Tag vor Halloween startet, muss man einfach gesehen haben!

Stimme / Okt. 2017