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Foto (c) 2019 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH

Emanzipierte Engel

„Ich glaube, Frauen können einfach alles“, stellt Engel Sabina (Kristen Stewart) gleich in der Eröffnungsszene von „3 Engel für Charlie“ klar. Mit diesem Statement gibt Regisseurin Elizabeth Banks („Pitch Perfect 2“) die lobenswerte, aber dennoch stellenweise recht platt umgesetzte Marschrichtung für ihre Fortführung der beliebten Serie aus den Siebzigern vor. Es folgen im Vorspann Bilder von Power-Mädchen, aufgenommen überall auf der Welt, die allerdings so beliebig sind, dass sie auch einer Werbung für Gesichtscremes für Teenager entspringen könnten.

Dass nach den beiden Kinofilmen von McG nun eine Frau die weiblichen Action-Heldinnen in Szene setzt, ist dennoch zu begrüßen. Schon allein, weil man hier sicher sein kann, dass die Kamera nicht gefühlt minutenlang auf dem Dekolleté eines der Engel ruhen wird oder sich eine Szene wie jene im McG-Film, in der einst Engel Cameron Diaz völlig sinnbefreit im Unterhöschen durch ihr Zimmer tanzte, nicht wiederholt. Dem weiblichen Blick zum Opfer gefallen ist auch Bosley, der Boss der drei Engel. Er ist im neuen Film nicht mehr ein einzelner Mann, sondern ein Rang innerhalb der Engel-Organisation. So begegnet man gleich drei Bosleys, von denen einer von der Regisseurin selbst verkörpert wird.

Zunächst aber verabschieden die Engel Sabina und Jane (Ella Balinska) ihren alten Chef (Sir Patrick Stewart). Der alte Bosley hat die Townsend Agency in eine global operierende Organisation mit Hunderten von Undercover-Engeln umgebaut. Unter ihrer neuen Chefin müssen die Engel den Prototypen eines energierevolutionierenden Gerätes hinterherjagen, ehe sie in die falschen Hände geraten. Programmiererin Elena (Naomi Scott) hat ihren Boss bereits vergeblich davor gewarnt, dass das Wundergerät noch nicht fertig sei und in seinem jetzigen Zustand zur Superwaffe umfunktioniert werden könne. Also wendet die Whistleblowerin sich an die Engel, die zunächst nach Hamburg fliegen, um sich mit ihr zu treffen. Dort taucht ein Profi-Killer (Jonathan Tucker) auf, und man findet sich in einer der vielen ordentlich inszenierten Action-Sequenzen wieder.

Mit Engelsflügeln über Plotschlaglöcher

Im Verlaufe des unterhaltsamen, aber auch ziemlich belanglosen Falls jetten die Engel, mit Programmiererin Elena in ihrer Mitte nun zu dritt, weiter nach Berlin, Istanbul und Frankreich. Bei all den Schauplatzwechseln verliert Regisseurin und Koautorin Banks leider gelegentlich Dramaturgie, Witz und Spannung aus den Augen. So hätte man sich noch mehr Szenen mit dem schrägen Wellness-Guru „The Saint“ (Luis Gerardo Méndez) gewünscht, dem Pendant zum Bond’schen „Q“, und gerne noch mehr über die queere, spöttische Sabina und die disziplinierte Jane erfahren.

Insbesondere Kristen Stewart hilft mit ihrer intensiven Performance aber über holprige Plotschlaglöcher und den allzu plumpen Versuch, den Zuschauer auf eine falsche Fährte zu locken, hinweg. Auch Newcomerin Ella Balinska weiß, vor allem in ihren beeindruckenden Action-Szenen, zu überzeugen. Gegen die beiden fällt die von Naomi Scott verkörperte Elena ein wenig ab, obwohl sie eine an sich spannende Wandlung durchmacht: weg vom unbeholfenen Mädchen, das sich von ihrem chauvinistischen Chef einschüchtern lässt, hin zum potenziellen neuen Engel.

Insgesamt versucht Regisseurin Banks zu verkrampft, die feministische Flagge über diesem Film zu hissen, weshalb ihre Engel (noch) nicht richtig fliegen. Jedoch gelingt es ihr, moderne, selbstbewusste Engel auf die Leinwand zu bannen: Diese Frauen können jede erdenkliche Hautfarbe oder beliebige sexuelle Orientierung haben, sie lieben, wen sie wollen, ziehen an, was sie wollen, und verhalten sich solidarisch untereinander. „3 Engel für Charlie“ legt also durchaus den Grundstein für eine Neuerzählung der Reihe. Und obwohl der Film in den USA floppte und eine Fortsetzung deshalb in den Sternen steht, wäre es spannend zu verfolgen, wie sich diese Engel mit einem funkensprühenderen Drehbuch im Gepäck weiterentwickeln.

„3 Engel für Charlie“ in Weser Kurier von Jan. 2020